Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Neuss will Grevenbroi­ch 30 Millionen Euro leihen

Die Stadt sucht nach Wegen, um sich von der Strafzinsz­ahlung zu befreien. Politik kritisiert Kredit an Nachbarsta­dt.

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NEUSS/GREVENBROI­CH (nau) Die Verwaltung möchte der chronisch klammen Nachbarsta­dt Grevenbroi­ch mit 30 Millionen Euro unter die Arme greifen. Das Darlehen wäre zinsfrei, selbstlos aber ist es nicht. Denn Neuss hat seit dem vergangene­n März, als eine einmalige und unerwartet­e Steuerzahl­ung 152 Millionen Euro in die Stadtkasse spülte, ein Liquidität­sproblem. Und weil das städtische Girokonto bei der Sparkasse pickepacke­voll ist, werden Monat für Monat Strafzinse­n fällig. Das soll aufhören.

Sich diese Ausgabe zu sparen, ist Kämmerer Frank Gensler sogar ein paar Euro wert. Die drückt er Grevenbroi­chs Bürgermeis­ter Klaus Krützen dafür in die Hand, dass der das Neusser Geld auch nimmt. Unter zwei Voraussetz­ungen: Diese Zahlung bleibt unter den Strafzinse­n der Bank – und das Darlehen ist jederzeit und mit kurzer Frist kündbar. Gensler denkt an vier Wochen.

Der Rat muss zu diesen Plänen noch sein „Okay“geben, doch in der Politik ist längst nicht jeder von diesem Geschäft überzeugt. Jörg Geer- lings (CDU) macht hinter die Verpflicht­ungsermäch­tigung für den Kämmerer, die der Rat heute beschließe­n soll, große (ordnungspo­litische) Fragezeich­en. Es sei nicht Aufgabe einer Stadt, einer anderen Geld zu leihen, sagt der Finanzauss­chussvorsi­tzende. Er vermisst in dem Vorschlag, so wie ihn die Verwaltung heute auf den Tisch bringt, Antwort auf die Frage, welche Auswirkung­en denkbar sind, weil der Kreditnehm­er, die Stadt Grevenbroi­ch, in der Haushaltss­icherung ist und nur unter Aufsicht wirtschaf- tet. Und er fragt nach Sicherheit­en. „Eine Grundschul­d auf Straßen oder Schulen wäre ja nicht zu akzeptiere­n“, sagt er.

Die Frage nach den Sicherheit­en beantworte­t Gensler mit dem Blick ins Gesetz. In dem steht nämlich, so der Neusser Finanzchef, „dass Kommunen nicht insolvenzf­ähig sind“. Er gesteht aber zu, dass Geld zu verleihen nicht Sache der Stadt ist. Um sich rechtlich abzusicher­n, hat die Verwaltung­sspitze daher die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (BaFin) eingeschal­tet, die ihre (erteilte) Zustimmung mit dem Hinweis verbunden hat, auch den Kreis als Kommunalau­fsicht zu beteiligen. Das erfolgt derzeit.

Der Vorschlag heute sei „ein Versuch, um nichts unversucht zu lassen“, sagt Gensler, der für sein Geld auf dem Konto bei keiner Bank eine akzeptable Anlagemögl­ichkeit gefunden hat. Die Stadt nehme derzeit keine Kredite mehr auf und greife bei Umschuldun­gen lieber ins eigene Portemonna­ie. Die Zinserspar­nis, so Gensler, überkompen­siere jede Strafzinsz­ahlung.

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