Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Haftstrafe für Angriff auf Unfall-Zeugin
Eine Fünfjährige war in Flingern von einer Frau angefahren worden. Der Vater soll daraufhin eine Zeugin schwer verletzt haben. Das Amtsgericht verurteilte den Mann zu anderthalb Jahren Haft – mehr, als von der Staatsanwaltschaft gefordert.
Eine drastische Strafe hat ein Amtsrichter gestern für die brutale Attacke verhängt, bei der eine Unfallzeugin im Mai 2017 in Flingern verprügelt worden war. Für anderthalb Jahre muss ein Familienvater (32) laut Urteil in Haft, dessen Tochter (5) damals an der Junkersstraße vor ein Auto lief und angefahren wurde. Laut Urteil des Richters hatte der Vater eine Augenzeugin, die vor Ort für die Unfallfahrerin eingetreten war, mit einem wuchtigen Fausthieb gezielt schwer verletzt. Die couragierte Zeugin (50) erlitt einen Bruch der Augenhöhle, die sogar verschoben wurde, musste sich operieren lassen. Der 55-jährige Opa des angefahrenen Kindes, der diese Unfallzeugin ebenfalls attackiert hatte, erhielt 1000 Euro Strafe. Doch beide Verteidiger wollen dagegen Berufung einlegen.
Von „Selbstjustiz“sprach niemand – und doch hing dieser Begriff über der gesamten Verhandlung. Vater und Sohn auf der Anklagebank gaben sich unschuldig, nur der Sohn gab zu, nach der Verletzung seiner kleinen Tochter „im Schockreflex“die Augenzeugin geschlagen zu haben. „Aber nur mit dem Handrücken, tut mir auch sehr leid, war aber nicht gewollt!“Dass er mit seiner Verwandtschaft danach als „Großfamilie aus Südosteuropa“bezeichnet wurde, klinge aber, „als wäre ich ein Schwerverbrecher“, empörte er sich über die Aufregung, die nach dem vergleichsweise harmlosen Unfall (das Kind wurde nur leicht am Bein verletzt) damals allein wegen der Folgen aufkam. Als Sippe habe die Familie, so hieß es damals, erst die Unfallfahrerin (52) verbal scharf attackiert – und als die hinter ihr fahrende Augenzeugin bestätigte, die Frau sei in der Tempo-30-Zone wirklich nur 30 Kilometer pro Stunde gefahren, war diese Zeugin zum Opfer der brutalen Attacke geworden.
Der Vater des Angeklagten will als Opa des angefahrenen Mädchens aber „gar nix“gemacht haben. Er habe den Kopf der angeblich aufgeregten Unfallzeugin bloß zwischen seine Hände genommen, „um sie zu beruhigen“. Die Frau sagte gestern: „Er hat mich so schmerzhaft an beiden Ohren gezogen, dass ich das noch lange gespürt habe!“Allein das kostet den 55-Jährigen 1000 Euro Strafe.
Doch sein Sohn wurde nach Anhörung diverser Zeugen als brutaler Schläger verurteilt. Zeugen bestätigten die Aussage der Unfallzeugin, wonach der 32-jährige Kindsvater ihr grundlos wuchtig die Faust ins Gesicht gerammt habe. Das wertete der Strafrichter als eine erhebliche, weil „das Leben gefährdende“Körperverletzung – und ging im Strafmaß deutlich über den Antrag der Staatsanwältin hinaus. Sie fand sechs Monate Bewährungsstrafe für den Schläger ausreichend. Doch der Richter verhängte die dreifache Strafe – ohne Chance auf Bewährung. Denn der Angeklagte habe sich, so das Urteil, „nicht gefallen lassen wollen“, dass die Zeugin für die Unfallfahrerin eingetreten war.