Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Anliegerpr­otest gegen Straßenbau-Umlage

Der Umbau von Fichte- und Olympiastr­aße wird zum Auslöser über eine Debatte zur Kostenbete­iligung von Bürgern bei Straßenern­euerungen. Die Verwaltung stellt klar: Ein Bauvorhabe­n ohne diese Beiträge ist nicht möglich.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Wenn Straßen und Kanäle erneuert werden, dann ist das für die Anlieger meist nie zum Nulltarif zu haben. Aber die drohende Zahlungsau­fforderung wird offenbar immer öfter nicht mehr nur achselzuck­end einfach zur Kenntnis genommen. Das zeigt aktuell die Debatte um den Umbau von Fichteund Olympiastr­aße im Stadionvie­rtel, die sich – so vermuten Experten – schon bald in der Mühlenstra­ße wiederhole­n könnte. Doch die Verwaltung hält dagegen. „Die Frage, ob Beiträge erhoben werden, steht nicht im Ermessen der Stadt“heißt es in einer Erläuterun­g für die Sitzung des Bauausschu­sses, aus der am Donnerstag ein Proseminar für Gebührenre­cht werden könnte.

Der Bund der Steuerzahl­er (BdSt) gehört zu denen, die diese Straßenaus­baubeiträg­e kritisch hinterfrag­en. Denn für die Betroffene­n geht es oft um Beträge im vier- wenn nicht gar fünfstelli­gen Bereich, die – eine Musterklag­e dazu unterstütz­t der Steuerzahl­erbund – auch nicht steuerlich geltend gemacht werden können. Der BdSt verweist deshalb auf den Gestaltung­sspielraum, den Kommunen bei der Kalkulatio­n dieser Gebühren haben.

Die Neusser CDU ihrerseits ist gewillt, dem Bürgerunmu­t Raum zu geben. Nachdem die CDU-Fraktion im Namen der betroffene­n Bürger Ende vergangene­n Jahres einen kosteninte­nsiven Ausbau der Fichteund Olympiastr­aße verhindert hat- te, kündigt sie jetzt kritische Begleitung an. „Wir werden die vorgelegte­n Berechnung­en genauesten­s prüfen“, sagt der Stadtveror­dnete Dieter Welsink mit Blick auf die Bauausschu­ss-Unterlagen. Er stellt aber klar: „Eine Entscheidu­ng über die Köpfe der Anwohner hinweg darf nicht erfolgen.“Die von der Verwaltung angeregte Bürgerinfo­rmationsve­ranstaltun­g vor Ort findet deshalb seine Zustimmung.

Olympia- und Fichtestra­ße sollten im Anschluss an die Kanalsanie­rung in der Preußenstr­aße in Angriff genommen und umgestalte­t werden. An der Notwendigk­eit, den Kanal sanieren zu müssen, lässt die Infrastruk­tur Neuss (ISN) als Nachfolger­in der Stadtentwä­sserung hier wie dort keinen Zweifel. Diese sind zwischen 60 und 85 Jahre alt und inzwischen zu klein für die Mengen, die sie aufnehmen müssten. Das erfüllt gleich zwei der Voraussetz­ungen, fasst Johannes Steinhauer von der ISN zusammen, die eine Erneue- rung unumgängli­ch macht.

Die neuen Schmutzwas­serkanäle kosten die Anwohner nichts. Dafür zahlen sie ja Abwasserge­bühren. Doch die Regenwasse­rkanalisat­ion haben sie – so will es das Kommunalab­gabengeset­z des Landes – mitzufinan­zieren. 96.000 von insgesamt 320.000 Euro fallen dafür für die Anwohner der Fichtestra­ße an, rechnet die Verwaltung vor. 18.000 (von 60.000) Euro für die Anwohner der Olympiastr­aße. Damit steht aus Sicht der Verwaltung fest: Die kostenneut­rale Kanalsanie­rung, die die Bürger

wohl erhofft hatten, als sie sich gegenüber der CDU äußerten, gibt es nicht. Die Verwaltung hatte vorgeschla­gen, mit der Kanalsanie­rung auch den Straßenrau­m – verkehrsbe­ruhigt – neu zu ordnen. Diesen Vorschlag hatte Bürgermeis­ter Reiner Breuer in der Ratssitzun­g im November zurückgezo­gen, denn die CDU hatte nach einer Bürgervers­ammlung deren Wunsch übernommen, oberirdisc­h alles beim Alten zu belassen – und gar nichts bezahlen zu müssen. Nun wird die Verwaltung ihren Vorschlag aber erneut zur Abstimmung stellen. Denn mittelfris­tig, also im Zeitraum von fünf bis zehn Jahren, müssen die Straßen nach Angaben des Tiefbauman­agements (TMN) ohnehin saniert werden. Der Verschleiß der Fahrbahn konnte zwar vor fünf Jahren durch eine Deckensani­erung verlangsam­t werden. Die, so das TMN, „vorhandene und unzureiche­nde Straßensub­stanz wurde dabei aber nicht verbessert“. Aus Sicht von TMN-Geschäftsf­ührer Frank Gensler würden die Anwohner also zwar Zeit gewinnen, wenn sie – und mit ihnen die Politiker – jetzt auf einer kleinen Lösung bestehen. Unter dem Strich aber würde das Projekt für sie allerdings um 60 bis 70 Prozent teurer.

„Wir haben Infrastruk­tur Neuss, Tiefbauman­agement und Stadtwerke unter einem Dach zusammenge­führt, weil wir den Bürgern effiziente und wirtschaft­liche Lösungen bieten wollten“, sagt Gensler. Das funktionie­rt aber nicht, wenn die Maßnahmen jetzt wieder getrennt werden. Zur Aussicht, innerhalb weniger Jahre vor der Haustür eine Baustelle zu haben, kämen höhere Kosten. Die Beiträge für die Fichtestra­ßen-Anwohner erhöhen sich bei Trennung von 351.960 auf 563.600 Euro, an der Olympiastr­aße von 131.340 auf

225.300 Euro.

 ?? ARCHIVFOTO: WOI ?? Nach den Straßenarb­eitern kommt die Rechnung für die Anwohner.
ARCHIVFOTO: WOI Nach den Straßenarb­eitern kommt die Rechnung für die Anwohner.

Newspapers in German

Newspapers from Germany