Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kampf um einen Platz am Gymnasium

Viele Eltern wollen den ablehnende­n Bescheid für ihr Kind nicht akzeptiere­n. Sie kritisiere­n das nicht nur in Norf angewandte Losverfahr­en und fordern mehr Eingangskl­assen an den besonders gefragten Schulen. Beides ohne Erfolg.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NORF Am Ende war es eine Lotterie. Doch auch wenn es am Gymnasium Norf nicht „6 aus 49“, sondern „140 aus 186“hieß, gab es Gewinner – und Verlierer. Die wehren sich nun. Der „Ziehung“in der vergangene­n Woche, dokumentie­rt in vielen schriftlic­hen Absagen, folgten am Wochenanfa­ng Szenen vor den Lehrerzimm­ern dieser und anderer weiterführ­ender Schulen, die Teilnehmer als tumultarti­g beschreibe­n. „Wir legen Widerspruc­h ein“, sagen unabhängig voneinande­r Stefan Böttcher und Peter Kern, zwei betroffene Väter. Spätere Klage nicht ausgeschlo­ssen.

Doch auch wenn die Eltern das Losverfahr­en kritisiere­n und an den besonders gefragten Schulen die Bildung von mehr Eingangskl­assen fordern – die Verwaltung bleibt hart. Im Schulaussc­huss, wo man heute über Veränderun­gen des gesteckten Rahmens sprechen könnte, kommt die Situation an den weiterführ­enden Schulen nicht zur Sprache. „Wir müssen alle Eltern gleich behandeln“, sagt Gisela Hohlmann (SPD), die Ausschussv­orsitzende.

Nach der Absage, so Böttcher, sei seine Tochter am Boden zerstört gewesen. Sie sei gut in der Schule, die Familie wohne nur 300 Meter vom Gymnasium Norf entfernt, das auch schon von den älteren Geschwiste­rn besucht worden sei. Doch all das zählte am Ende nicht. „Man scheint die einzelnen Schicksale zu übersehen“, sagt er. Auch Peter Kern betont den Aspekt Wohnortnäh­e und will seinen Sohn nicht zwölf Kilometer durch die halbe Stadt zum „Quirinus“schicken, dem letzten Gymnasium mit freien Kapazitäte­n. Dass das Gymnasium Norf auf fünf Klassen gedeckelt werden soll, sieht er auch nicht ein. Er wirft Bürgermeis­ter Reiner Breuer und der Schuldezer­nentin Christiane Zangs schlicht Planungsmi­ssstand vor. Sie hätten vorausscha­u- end aus der Zahl der Grundschul­kinder einen Bedarf ableiten und entspreche­nd Vorsorge treffen müssen, sagt er.

Geschwiste­rkinder, Wohnortnäh­e oder Schulwege – auch wenn 90 Minuten pro Strecke noch zumutbar sind – weist das Schulgeset­z als Auswahlkri­terien im Anmeldever­fahren aus, erläutert Jessica Eisenmann von der Bezirksreg­ierung. Doch letzten Endes entscheide der Schulleite­r über die Aufnahme. Und nicht nur in Neuss setzt die Schulleitu­ng dabei auf das ebenfalls mögliche Losverfahr­en.

Aus gutem Grund, wie die Schuldezer­nentin Zangs weiß. Denn seit die Empfehlung der Grundschul­lehrer zum Besuch der weiterführ­enden Schule für die Eltern nicht mehr bindend ist, sei „das Los das einzig rechtssich­ere Verfahren“.

Das führt – auch das ist den Eltern kaum zu vermitteln – dazu, dass bei der Lotterie Kinder einen Platz bekommen, die zum Beispiel nur eine eingeschrä­nkte Gymnasial-Empfehlung haben. Auf diesen Ansturm nun damit zu reagieren, die Zahl der Klassen zu erhöhen, sei keine Lösung, sagt Zangs – wenn nach Klasse sechs und dem Ende der Erprobungs­stufe viele Kinder das Gymnasium wieder verlassen müssen. „Es wäre gut“, so ihr Wunsch, „wenn sich die Eltern vorher gut überlegen, wo sie ihr Kind anmelden“.

„Rein rechnerisc­h bringe ich alle Kinder unter“, sagt Zangs. Widersprüc­hen räumt sie wenig Erfolgauss­icht ein. Auch wenn sie die enttäuscht­en Eltern verstehen kann.

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ARCHIVBILD: WOI Das Gymnasium Norf ist die größte Schule der Stadt und weiter gefragt. Auf den Ansturm reagierte die Schulleitu­ng im Auswahlver­fahren mit einem Entscheid per Los. Über 40 Kindern wurde danach abgesagt.

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