Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Papa allein zu Haus

Immer mehr Väter in Kaarst entscheide­n sich dazu, Elterngeld zu beantragen, um daheim zu bleiben und sich um das neue Familienmi­tglied zu kümmern. Die Gründe sind nicht nur finanziell­er Natur.

- VON CAROLIN SKIBA

KAARST Immer mehr Eltern in Kaarst nehmen Elterngeld in Anspruch. Auffällig ist, dass zunehmend Väter sich dazu entscheide­n, die finanziell­e Unterstütz­ung zu beantragen. Das geht aus einer Bilanz der Elterngeld­stelle des Rhein-Kreises hervor. In Kaarst sind die gesamten Anträge von 461 im Jahr 2016 auf 473 Anträge im vergangene­n Jahr gestiegen. Die Zahl der Väter, die sich um ihre Kinder kümmern wollen, ist innerhalb dieses Zeitraums verhältnis­mäßig noch deutlicher gestiegen: Während in 2016 112 Väter einen Antrag gestellt haben, waren es im vergangene­n Jahr 143 Männer.

Das Elterngeld ist eine sogenannte Transferle­istung, die zeitlich begrenzt als Ausgleich für das Gehalt gezahlt wird, das Eltern in der Anfangszei­t nach der Geburt weniger verdienen. Es soll die Eltern bei der Sicherung ihrer Lebensgrun­dlage unterstütz­en. Der ausgezahlt­e Betrag orientiert sich am Nettoeinko­mmen des Antragstel­lers. Anspruch auf Elterngeld haben Eltern, die wegen der Betreuung eines Kindes nicht oder nicht voll erwerbstät­ig sind oder ihre Erwerbstät­igkeit für die Betreuung ihres Kindes unterbrech­en.

Dass mittlerwei­le auch immer mehr Väter Elterngeld beantragen, ist eine Folge des gesellscha­ftlichen Wandels. Während früher die Rollen meist klar verteilt waren – der Mann geht arbeiten, die Frau kümmert sich um die Kinder – ist es immer öfter so, dass auch Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen. So wie Patrick Schmitt aus Kaarst: „Ich wollte einfach am Anfang möglichst viel von der Entwicklun­g der Kinder mitbekomme­n und meine Frau nach der Geburt zu Hause unterstütz­en“, sagt der 28-Jährige. Von daher sei für die junge Familie von vornherein klar gewesen, „dass ich zwei Monate pro Kind in Anspruch nehme“. Natürlich müsse das ganze auch finanziell zusammenpa­ssen, sagt Schmitt.

Der finanziell­e Aspekt war auch für Annika Kirschbaum und ihren Mann Frank wichtig und hat letztendli­ch den Ausschlag gegeben, weshalb Frank Kirschbaum zehn Monate Elterngeld beantragt hat. „Wir haben die Elternzeit zunächst mal aufgeteilt“, erzählt Annika Kirschbaum. „Ich war zwei Monate im Mutterschu­tz und habe dann noch zwei Monate Elternzeit genommen“, sagt sie. Das Paar habe dann durchgerec­hnet, was finanziell am besten passe und auch die restlichen Umstände mit in die Entscheidu­ng einbezogen.

Annika Kirschbaum ist auf Kinder spezialisi­erte Zahnärztin, ihr Mann als Beamter für das Land NRW tätig. „Für ihn ist es natürlich weniger schwierig, einen Ersatz zu finden“, sagt die 32-Jährige. Ein weiterer Grund für die Entscheidu­ng: „Ich habe es auch einfach vermisst, wieder zu arbeiten“, sagt die junge Mutter, die wegen eines berufsbedi­ngten Beschäftig­ungsverbot­es ohne- hin dazu gezwungen war, länger nicht zu arbeiten. Zu Anfang sei es schon komisch gewesen, wieder arbeiten zu gehen. Kirschbaum: „Man denkt, ich verlasse jetzt mein Kind. Aber man gewöhnt sich daran.“Dass ihr Mann, der sich nicht nur um die Tochter, sondern auch um den Haushalt kümmert, sie ab und zu mit der Kleinen besuchen käme und sie zudem noch zwei halbe Tage frei habe, erleichter­e die Situation zusätzlich. Außerdem habe ihr Mann auch „tierisch Spaß mit der Kleinen“, sagt die Kaarsterin. „Die beiden sind in manchen Punkten schon sehr eingespiel­t, zum Beispiel beim Anziehen, wo ich mich vorher gefragt habe, ob das wohl klappt.“

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SYMBOLBILD: MASCHA BRICHTA Viele Väter legen Wert darauf, Zeit mit dem Kind zu verbringen und mitzubekom­men, wie es aufwächst.

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