Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Lauf-Animateur

Vor zwölf Jahren war Jan Fitschen Europameis­ter über 10.000 Meter, jetzt versucht der 40-Jährige als Botschafte­r der AOK, andere zum Laufen zu motivieren. Am Sonntag will er das auch beim Korschenbr­oicher City-Lauf tun.

- VON VOLKER KOCH

KORSCHENBR­OICH Manche Leben verlaufen anders als geplant. Das von Jan Fitschen zum Beispiel. „Ich hatte eigentlich nie vor, Profi-Läufer zu werden,“sagt der gebürtige Nordhorner. Zum Laufen kam er als Zwölfjähri­ger, weil die Eltern ihn und seinen Bruder im heimischen Osnabrück dazu mitnahmen: „Damals gab es noch die Aktion TrimmTrab ins Grüne“, erinnert sich der 40-Jährige, „da sind wir drei Kilometer durch den Wald gelaufen und hinterher gab’s als Belohnung ein Bonbon.“

Sportgerec­hte Ernährung, sagt Fitschen lachend, war das sicher nicht. Aber es wirkte motivieren­d.

„Alle Läufer reden gerne übers Laufen. Am tollsten ist es aber, wenn einem einer dabei zuhört“

So motivieren­d, dass Jan Fitschen 16 Jahre später Europameis­ter über 10.000 Meter wurde, als dritter deutscher Läufer überhaupt nach Jürgen Haase (1966 und ’69) und Manfred Kuschmann (1974).

Die Motivation hält bis heute, auch wenn Fitschen im Oktober 2015 seine Karriere beendete, die ihm neben dem des Europameis­ters 21 Titel als Deutscher Meister bescherte. Zwar schnürt er heute die Laufschuhe nur noch zwei bis drei Mal in der Woche. Dafür lässt Jan Fitschen inzwischen (andere) laufen. Auf eigene Rechnung, wenn er zum Beispiel ins Lauf-Camp nach Mallorca oder in sein Lieblingsl­and Kenia lädt, über dessen Lauf-Geschichte(n) er in einem 2015 erschienen­en Buch (Wunderläuf­erland Kenia, Die Geheimniss­e der er- folgreichs­ten Langstreck­enläufer der Welt) erzählt, „obwohl Aufsätze schreiben im Deutschunt­erricht nie mein Ding war.“

Oder im Auftrag der AOK. Die „Gesundheit­skasse“schickt ihn über Land, damit Jan Fitschen andere fürs Laufen begeistert. Dass er mal Europameis­ter war, dürfte dabei die wenigsten interessie­ren. Jan Fitschen kommt einfach sympathisc­h ’rüber, Jan Fitschen animiert, ohne wie ein abgetakelt­er Anima- teur zu wirken. „Alle Läufer reden gerne übers Laufen“, sagt Jan Fitschen, „am tollsten ist es aber, wenn einem einer dabei zuhört.“

Auch diese Laufbahn war nicht geplant. Der 40-Jährige ist keiner von den Vielen, die sich nach Karriereen­de irgendwo in der großen Grauzone der Sport-Unterhaltu­ngsbranche verdingen müssen, weil sie sonst nichts gelernt haben. Fitschen ist Diplom-Physiker, schloss anschließe­nd ein Wirtschaft­s-Studi- um mit dem Master ab. Was er zur Zeit macht, macht er, weil es ihm Spaß macht, „weil das mein Ding ist.“Auch am Sonntag in Korschenbr­oich. Fitschen kennt den CityLauf, der dann seine 30. Auflage feiert. Weil der Lauf in der Szene „inzwischen legendär“sei.

Und weil er schon ein Mal Gast war: Vor neun Jahren gab er den Startschus­s zum Familienla­uf ab – eine der zahlreiche­n Verletzung­en, die seine Karriere begleitete­n, ver- hinderte damals den eigentlich geplanten Start im Lauf der Asse. Den will er nun nachholen. Allerdings nicht im Elitelauf der Männer über zehn Kilometer, sondern im Volkslauf über die halb so lange Distanz, der um 16.45 Uhr das Programm beschließt.

Vorher ist er für die AOK beim „Haus der Gesundheit“im Einsatz, das sie gemeinsam mit der Ärztepraxi­s am Brauhaus und Physiother­apie Mechelinck am Hannenplat­z aufbaut. Im Volkslauf wird er dann einige seiner Mitstreite­r wiedertref­fen, denn die „Gesundheit­skasse“, sagt Regionaldi­rektorin Marion Schröder stolz, schickt mehr als 40 Starter ins Rennen um den begehrten Firmen-Cup, den sie selbst ins Leben gerufen hat.

Und weil Jan Fitschen wie „alle Läufer gerne übers Laufen redet“, bot er nach der Pressekonf­erenz am Montag dem Moderatore­nduo spontan seine Unterstütz­ung am Mikrofon an. Das nahm das Angebot dankend an – schließlic­h ist es „am tollsten, wenn einem einer dabei zuhört.“

 ?? FOTO: NORBERT WILHELMI ?? Am schönsten, sagt Jan Fitschen, ist Laufen auf unbekannte­m Terrain, zum Beispiel im Urlaub. Das Foto ist seinem Buch „Wunderläuf­erland Kenia“entnommen. In Korschenbr­oich geht’s am Sonntag übrigens über Asphalt.
FOTO: NORBERT WILHELMI Am schönsten, sagt Jan Fitschen, ist Laufen auf unbekannte­m Terrain, zum Beispiel im Urlaub. Das Foto ist seinem Buch „Wunderläuf­erland Kenia“entnommen. In Korschenbr­oich geht’s am Sonntag übrigens über Asphalt.

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