Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Madonna mit Kind
Andachtsbilder waren und sind auch heute noch weit verbreitete Andenken an Reisen oder wichtige Ereignisse. Die kleinformatigen, künstlerisch gestalteten Objekte sind zumeist in Gebets- und Gesangbüchern eingelegt und überdauern dort unbeschadet viele Jahrzehnte, bis sie erst zufällig wiedergefunden werden. Eine Kommunion oder ein Todesfall geben Anlass zur Herstellung der hübschen Erinnerungsstücke. Auch zu Pilger- oder Wallfahrten gehört der Erwerb von Andachtsbildern, mit denen der vor Ort erteilte Segen mit nach Hause getragen wird.
Die Gestaltungsmittel der massenhaft verlegten, kleinen Kunstwerke sind freilich begrenzt, aber dennoch finden sich zahlreiche Elemente wieder, die jedem Objekt eine Einzigartigkeit verleihen. Oftmals unterliegen die filigran gefertigten Bilder stilistischen Einflüssen. Das schöne Beispiel aus der Sammlung „Feld-Haus – Museum für Populäre Druckgrafik“weist in seiner besonderen Form und dem ornamentalem Schmuck auffällige Jugendstilelemente auf. Der umlaufende Rosenzweig rahmt das feine Bild Mariens mit dem Jesusknaben auf ihrem Schoss.
Das zu Beginn des 20. Jahrhunderts verlegte Andachtsbild zeigt einen Ausschnitt nach einem populären Bild des italienischen Renaissancekünstlers Raffael (1483-1520). Der interessierte Italienreisende mag es wiedererkennen: Stilistisch und formal vereinfacht sehen wir die Kernszene des Rundbilds „Madonna della sedia“, die im Palazzo Pitti in Florenz zu sehen ist. Dabei hat der entwerfende Künstler des Motivs auf dem Andachtsbild darauf verzichtet, sämtliche Bilddetails der Vorlage zu übernehmen.
Die Werke italienischer Künstler der Renaissance und des Barock erfreuten sich lange bei der Gestaltung der „Heiligenbilder“großer Beliebtheit. Arbeiten Raffaels waren besonders hoch im Kurs. In der Ausstellung „Himmel hilf! Die Samm- lung Ces Hernandez“im „FeldHaus – Museum für Populäre Druckgrafik“sind weitere Beispiele nach Arbeiten Raffaels zu entdecken: Etwa nach seiner berühmten „Sixtinischen Madonna“in der Dresdner Gemäldegalerie oder nach seinen Werken im Vatikan. Jedes einzelne Bild verdient eine Betrachtung – so klein es auch ist!