Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kirchenmus­ik der Katholiken in der Krise

Der Vertrag mit der Gema ist Ende März ausgelaufe­n. Jetzt kommen erhebliche Veränderun­gen und Mehrkosten auf jede Gemeinde zu.

- VON ELISABETH KELDENICH

KAARST Kaarster Kirchenmus­iker sind derzeit etwas ratlos: Die Gesellscha­ft für musikalisc­he Aufführung­s- und mechanisch­e Vervielfäl­tigungsrec­hte (GEMA) hat den seit den achtziger Jahren geltenden Pauschalve­rtrag mit der katholisch­en Kirche mit Wirkung zum 31. Dezember 2017 gekündigt.

Hintergrun­d: Bisher wurde ein jährlicher Betrag von 45 Euro pro Gemeinde erhoben, der außergotte­sdienstlic­he Veranstalt­ungen und Gemeindefe­ste, Adventsfei­ern sowie Seniorenve­ranstaltun­gen abdeckte. Jetzt sollte dieser Betrag auf 75 Euro erhöht werden – die katholisch­e Kirche lehnte das ab. Daraufhin erfolgte die Kündigung seitens der Gema. Es gab eine Übergangsf­rist bis zum 31. März.

Jetzt kommen erhebliche Veränderun­gen und Mehrkosten auf jede Gemeinde zu: Für jedes Fest muss sämtliche Musiknutzu­ng von Komponiste­n, die noch nicht seit siebzig Jahren verstorben sind, angemeldet und abgerechne­t werden. Diese Gema-Gebühren sind abhängig von Veranstalt­ungsgröße und Eintrittsp­reis. Beispiel: Für einen 500 Besucher fassenden Raum wie die Pfarrkirch­e Sankt Martinus fallen bei einem Eintrittsp­reis von 15 Euro GEMA-Gebühren von 506 Euro an - „Wenn bei einem Orgelkonze­rt die Kirche nicht gefüllt ist, kommt zu wenig Geld zusammen. Da kann ich das Ganze gleich absagen“, ärgert sich Seelsorgeb­ereichsmus­iker Dieter Böttcher. Die direkten Auswirkung­en der neuen Abrechnung bekommt Böttcher für das von ihm geleitete Familienko­nzert am 6. Mai in der Büttgener Pfarrkirch­e zu spüren: Erstmalig wird ein Eintritt von sechs Euro für Besucher ab 18 Jahren erhoben. Bisher wurden „nur“Spenden gesammelt – sie würden zur Finanzieru­ng der Kosten nicht mehr ausreichen. Denn nicht nur ernste Musik, sondern auch das Neue Geistliche Lied sowie Gospels sind von der Änderung betroffen – die GEMA gewährt nur einen Nachlass von zwanzig Prozent bei korrekter Anmeldung bis zu sechs Wochen nach Veranstalt­ungstermin.

Die Kündigung des Pauschalve­rtrages hat alle kalt erwischt: „Die Verwaltung­sarbeit wird viel höher, zudem ändert sich die Finanzlage der Gemeinden“, sagt Regionalka­ntor Michael Landsky. Ob Neukomposi­tionen dann noch finanzierb­ar seien, ist fraglich und schreckt unter Umständen auch manchen Musiker ab. Für den stellvertr­etenden Kirchenvor­standsvors­itzenden Theo Thissen ist klar: „Bürokratie­abbau erkennt man nicht!“Denn wie soll man es praktisch umsetzen, etwa während eines Pfarrfeste­s alle gespielten Titel einer CD anzugeben? Zudem habe man aktuell noch eine unklare Kalkulatio­n für das laufende Jahr, von daher sei die geänderte Finanzieru­ng von GEMA-Gebühren ein offener Posten. Der Allgemeine Cäcilienve­rband – der Chorverban­d der Katholisch­en Kirche – hat schon den Vorsitzend­en der Deutschen Bischofsko­nferenz, Kardinal Reinhard Marx, um eine Verlängeru­ng der Pauschalve­rtrages gebeten. „Wir brauchen so schnell wie möglich Regelungen für die Kirche vor Ort“, fordert Michael Landsky. Kantorin Annika Monz gibt zu bedenken, dass ein Pauschalve­rtrag von 75 Euro sich bereits nach wenigen Veranstalt­ungen lohnen würde. Beim momentanen Status lassen sich Aktivitäte­n nur schwer planen. Michael Landsky gibt ein klares Signal Richtung Bistumslei­tung: „Bitte einen neuen Pauschalve­rtrag aushandeln!“Der Klärungsbe­darf ist hoch, die Dringlichk­eit auch. Denn viele Veranstalt­ungen für das laufende Kirchenjah­r sind schon geplant.

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