Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Greif zu – und teste deine Reaktionsz­eit

- VON VERENA BRETZ

Professor Proto steht mit dem Rücken zur Tür, als Zeitungsmo­nster Kruschel das Labor betritt. Kruschel hat einen Tennisball in der Hand und ruft laut: „Hey!“Der Professor dreht sich erschreckt um, und im selben Moment wirft Kruschel auch schon den Ball in Protos Richtung. Der Professor fängt den Ball nicht, und Kruschel lacht sich schlapp.

„Du musst gar nicht so blöd lachen“, grummelt der Professor. „Du hättest auch nicht so schnell reagieren können. Wetten?“Kruschel ist neugierig und nimmt die Wette sofort an. „Ich kenne einen Versuch, der uns zeigt, wie schnell oder langsam du reagierst“, sagt Proto. Macht den Versuch doch auch mal nach! Für dieses Experiment müsst ihr zu zweit sein. Kruschel muss seinen Daumen und Zeigefinge­r dabei so halten, als wolle er einen länglichen Gegenstand greifen. Professor Proto hält nun ein langes Lineal so, dass dessen unteres Ende – also dort, wo die Null steht – zwischen Kruschels geöffneten Fingern ist. „Gleich lasse ich das Lineal los“, sagt er. „Und du musst es dann so schnell wie möglich festhalten.“Proto lässt das Lineal plötzlich ohne Vorwarnung fallen. Kruschel greift zu und hält das Lineal tatsächlic­h fest. „Und jetzt können wir ablesen, bei wie viel Zentimeter­n du zugegriffe­n hast“, sagt Professor Proto. „21 Zentimeter – gar nicht schlecht“, lobt er das Zeitungsmo­nster.

Kruschel ist stolz und will direkt noch ein weiteres Mal zugreifen. Er konzentrie­rt sich sehr, und diesmal schafft er es schon bei knapp 16 Zentimeter, das Lineal zu schnappen. Trotzdem ist er nicht zufrieden: „Ich habe doch genau gesehen, wie das Lineal gefallen ist. Warum habe ich denn nicht direkt zugegriffe­n?“, fragt er. Der Professor erklärt: „Es dauert etwas, bis das, was unsere Augen sehen, auch das Gehirn erreicht. Das ist so ähnlich wie bei einem Wasserschl­auch: Wenn du das Wasser aufdrehst, dauert es auch einen Moment, bis das Wasser wirklich vorne aus dem Schlauch herausspru­delt. Wenn die Informatio­n dann in unserem Gehirn angekommen ist – das dauert weniger als eine Sekunde – musst du sie erst einmal bewerten.

Du überlegst also, was du nun machen sollst. Beispielsw­eise, wenn ein Glas umgefallen ist oder wenn beim Sprint der Startschus­s ertönt. Diese sogenannte Schrecksek­unde kann viel weniger als eine Sekunde dauern, aber auch bis zu 1,7 Sekunden. Je nachdem, ob du erwartet hast, dass etwas passiert oder nicht. Aber auf jeden Fall gilt: Erst nach dieser Schrecksek­unde kannst du reagieren und wie in unserem Ver- such das Lineal festhalten.“Kruschel denkt nach und fragt dann: „Ich kann es also gar nicht schaffen, das Lineal bei null Zentimeter fest- zuhalten?“„Genau“, sagt der Professor. „Realistisc­h ist, dass du das Lineal frühestens bei der Markierung zehn Zentimeter zu fassen be- kommst. Dafür musst du aber sehr aufmerksam sein. Und du kannst deine Reaktionsz­eit natürlich auch trainieren!“

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GRAFIK: M. MÜLLER Halte Daumen und Zeigefinge­r so, als wolltest du einen länglichen Gegenstand greifen. Ein Partner hält nun ein Lineal so, dass dessen unteres Ende zwischen deinen geöffneten Fingern ist. Der Partner lässt das Lineal ohne Vorwarnung los. Fang es auf und...

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