Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Flüchtling­e bangen um WM-Teilnahme

- VON SEBASTIAN MEURER

ROMMERSKIR­CHEN Bei den Olympische­n Spielen in Rio gab es 2016 erstmals ein formelles Flüchtling­steam. „Andere Sportverbä­nde ziehen inzwischen nach, so auch wir“, sagt Detlef Türnau, Chef von Bujin Gym Rommerskir­chen und zugleich seit 1984 Präsident des MuaythaiBu­nds Deutschlan­d. Bei der Junioren-WM, die vom 3. bis 11. August in der thailändis­chen Hauptstadt Bangkok ausgetrage­n wird, sollen auch zwei aus Tadschikis­tan stam- mende Boxer, die in Rommerskir­chen trainieren, für dieses Flüchtling­steam an den Start gehen. Mahmud (16) und Ahmad (14) Davlatov haben ebenso wie ihr älterer Bruder Umarjon (19) in den vergangene­n knapp anderthalb Jahren zeigen können, was in ihnen steckt: Umarjon wurde Deutscher Meister in der Kampfsport­art Kempo, Mahmud kehrte von der Junioren-Europameis­terschaft in Paris mit einer Silbermeda­ille zurück, und auch Ahmad hat bereits etliche Kämpfe in Deutschlan­d gewinnen können. In sportliche­r Hinsicht gibt es also kein Problem, doch der weltweit prekäre rechtliche Status von Flüchtling­en droht, auch die Teilnahme der Davlatov-Brüder an der Junioren-WM zu verhindern. Alles begann damit, dass bei Detlef Türnau ein alter Bekannter vorstellig wurde. 2012 hatten sich die beiden bei der WM in St. Petersburg kennengele­rnt, doch als Idibek Davlatov, der Vater der drei Brüder, Anfang 2017 bei Türnau vorstellig wurde, war er nicht mehr Präsident des tadschikis­chen Thaibox-Verbands, sondern ein Flüchtling.

Damals waren die Davlatovs noch in der Nähe von Siegburg unterge- bracht. Seit Juni vergangene­n Jahres trainieren die drei Brüder in Rommerskir­chen, wo die Familie seit gut vier Monaten auch lebt. Detlef Türnau setzt auf die Devise „Integratio­n durch Sport“und hat ungeachtet mancher Hinderniss­e einiges für die Davlatov-Brüder erreichen können – wofür er ausdrückli­ch den zuständige­n Behörden des RheinKreis­es Neuss, aber auch der Gemeinde Rommerskir­chen dankt. Demnach dürfen sie ungeachtet ihres Status als lediglich geduldete Flüchtling­e nach Thailand aus- und nach Deutschlan­d wieder einreisen. „Ein solches Dokument ist in Deutschlan­d einmalig“, sagt Türnau. Den thailändis­chen Behörden allerdings reicht dies nach seinen Worten bislang nicht. Sie verlangen von den Davlatovs nämlich einen gültigen Pass. Den allerdings hat derzeit niemand aus der geflüchtet­en Familie, „Würden sie in die tadschikis­che Botschaft gehen, liefen sie Gefahr, dort festgenomm­en zu werden“, beschreibt Türnau das Dilemma für die aus politische­n Gründen geflohene Familie.

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F.: SALZ Ahmad (14, l.) und Umarjon (19) Davlatov trainieren seit rund einem Jahr in Rommerskir­chen.

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