Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Flüchtlinge bangen um WM-Teilnahme
ROMMERSKIRCHEN Bei den Olympischen Spielen in Rio gab es 2016 erstmals ein formelles Flüchtlingsteam. „Andere Sportverbände ziehen inzwischen nach, so auch wir“, sagt Detlef Türnau, Chef von Bujin Gym Rommerskirchen und zugleich seit 1984 Präsident des MuaythaiBunds Deutschland. Bei der Junioren-WM, die vom 3. bis 11. August in der thailändischen Hauptstadt Bangkok ausgetragen wird, sollen auch zwei aus Tadschikistan stam- mende Boxer, die in Rommerskirchen trainieren, für dieses Flüchtlingsteam an den Start gehen. Mahmud (16) und Ahmad (14) Davlatov haben ebenso wie ihr älterer Bruder Umarjon (19) in den vergangenen knapp anderthalb Jahren zeigen können, was in ihnen steckt: Umarjon wurde Deutscher Meister in der Kampfsportart Kempo, Mahmud kehrte von der Junioren-Europameisterschaft in Paris mit einer Silbermedaille zurück, und auch Ahmad hat bereits etliche Kämpfe in Deutschland gewinnen können. In sportlicher Hinsicht gibt es also kein Problem, doch der weltweit prekäre rechtliche Status von Flüchtlingen droht, auch die Teilnahme der Davlatov-Brüder an der Junioren-WM zu verhindern. Alles begann damit, dass bei Detlef Türnau ein alter Bekannter vorstellig wurde. 2012 hatten sich die beiden bei der WM in St. Petersburg kennengelernt, doch als Idibek Davlatov, der Vater der drei Brüder, Anfang 2017 bei Türnau vorstellig wurde, war er nicht mehr Präsident des tadschikischen Thaibox-Verbands, sondern ein Flüchtling.
Damals waren die Davlatovs noch in der Nähe von Siegburg unterge- bracht. Seit Juni vergangenen Jahres trainieren die drei Brüder in Rommerskirchen, wo die Familie seit gut vier Monaten auch lebt. Detlef Türnau setzt auf die Devise „Integration durch Sport“und hat ungeachtet mancher Hindernisse einiges für die Davlatov-Brüder erreichen können – wofür er ausdrücklich den zuständigen Behörden des RheinKreises Neuss, aber auch der Gemeinde Rommerskirchen dankt. Demnach dürfen sie ungeachtet ihres Status als lediglich geduldete Flüchtlinge nach Thailand aus- und nach Deutschland wieder einreisen. „Ein solches Dokument ist in Deutschland einmalig“, sagt Türnau. Den thailändischen Behörden allerdings reicht dies nach seinen Worten bislang nicht. Sie verlangen von den Davlatovs nämlich einen gültigen Pass. Den allerdings hat derzeit niemand aus der geflüchteten Familie, „Würden sie in die tadschikische Botschaft gehen, liefen sie Gefahr, dort festgenommen zu werden“, beschreibt Türnau das Dilemma für die aus politischen Gründen geflohene Familie.