Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Bedarf an Kurzzeitpflegeplätzen steigt
Im Sozialausschuss wurde jetzt über die aktuelle Situation sowie die Entwicklung in der Pflege diskutiert. Ältere Menschen wollen länger in den eigenen vier Wänden bleiben, der Fachkräftemangel verschärft sich.
KAARST Anneli Palmen (SPD), Vorsitzende des Sozialausschusses, weiß, dass die Pflegebedarfsplanung eine komplizierte Angelegenheit ist: „Wir sind mit diesem Thema längst noch nicht am Ende.“Das Thema wurde jetzt gründlich diskutiert. Neben den Ausschussmitgliedern beteiligten sich daran auch Markus Leßmann und Dirk Suchanek vom zuständigen Landesministerium. Patentlösungen gab es keine, aber eine Tendenz wurde erkennbar: Mit dem Bau eines vierten Altenpflegeheims ist es nicht getan, stattdessen sind innovative Lösungen gefragt. Ein zentrales Problem ist der Pflegekräftemangel.
Was sich abzeichnet: Die alten Menschen versuchen, noch länger in den eigenen vier Wänden zu bleiben, was zu einer weiteren Ambulantisierung führt. Detlef Rath, Leiter des Kaarster Vinzenzhauses, erkennt eine deutliche Zunahme der Kurzzeitpflege: „Wir werden in der zweiten Jahreshälfte einige weitere Kurzzeitpflegeplätze schaffen.“Dass dies zu Lasten der Dauerpflegeplätze geht, sei hinnehmbar: Die Verweildauer, so Rath, gehe kontinuierlich zurück, die Menschen, die in sein Haus kommen, werden immer älter – die Sterbequote pro Jahr tendiert derzeit Richtung 50 Prozent, da ist immer mal ein Bett frei.
„Unser großes Problem ist, an Personal für die ambulante, teilstationäre und stationäre Pflege zu kommen“, erklärte Rath. Die Bezahlung sei nicht das größte Problem, eher schon die hohe Arbeitsbelastung. Wenn sich am Stellenschlüssel nichts ändere, werde die Belastung immer größer. Werner Vetten, Leiter des Büttger St. Aldegundis Altenheims, beschrieb den Status Quo so: „Wir kriegen das Haus voll, haben aber keine lange Warteliste mehr.“Das Durchschnittsalter liege bei 87 Jahren, da werde schnell ein Platz frei. Rosel Band, Leiterin des Johanniter-Altenheims in Kaarst, sprach sich gegen ein viertes herkömmliches Heim aus, wie es im Westen von Kaarst seit etlichen Jahren im Gespräch ist. Und Band bekannte: „Ich glaube an die innovativen Konzepte, es werden neue, ganz tolle Ideen kommen und umgesetzt werden.“Markus Leßmann sieht das genauso: Es gelte, ganz am Puls der Zeit und offen für Neues zu sein. Seine Empfehlung: „Neue Lösungen sollten sich nicht negativ auf die drei bestehenden Heime auswirken.“Er könne sich beispielsweise eine Wohngemeinschaft für betagte Menschen in Kaarst vorstellen. Es gibt bereits Wohngemeinschaften für Senioren mit Demenz. Der Quartiersgedanke und ehrenamtliches Engagement werden an Bedeutung zunehmen.
Was aus der aktuellen Pflegebedarfsplanung des Rhein-Kreises Neuss hervorgeht und im Ausschuss hinterfragt wurde: 48 Prozent der Menschen, die in den Kaarster Altenheimen betreut werden, kommen nicht aus Kaarst. „Können Kaarster Senioren bevorzugt werden?“, wollte Astrid Werle (FDP) wissen. Sie erfuhr, dass oft Heime in Orten ausgesucht werden, in denen Angehörige leben. Und dass auch Senioren aus Kaarst ihre letzten Monate und Jahre in Heimen verbringen, die in anderen Städten sind. Ihr Credo: „Nicht nur auf Pflegeheime setzen.“Barrierefreies Wohnen beispielsweise sei wichtig, damit ältere Menschen möglichst lange in ihrem Haus beziehungsweise ihrer Wohnung bleiben können.