Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Wenn die Abinote nicht ausreicht
Wenn die Abiturnote nicht für das Wunsch-Studienfach genügt, bedeutet das nicht automatisch auch das Ende der Berufsträume. Wir geben Tipps, was zu tun ist, wenn der Numerus Clausus nicht erreicht ist.
DÜSSELDORF Eigentlich sollte es ein Medizinstudium sein, doch mit einem Zweier-Abi rückt dieser Traum in weite Ferne. Oder die Note reicht nicht für den EventmanagementStudiengang, der sich doch so gut angehört hat. Oder der Jura-NC an der Uni gleich um die Ecke liegt zu hoch. Das heißt noch lange nicht, dass es nichts wird mit dem Wunschstudium. Sich aber auf irgendetwas, das so ähnlich klingt, zu bewerben, bringt auch nichts, sagt Studienberaterin Karin Wilcke aus Düsseldorf. „Wenn ich Psychologie studieren wollte, um Therapeut zu werden, dann ist Wirtschaftspsychologie keine Alternative. Denn damit werde ich niemals Menschen psychotherapeutisch behandeln.“Genauso sei Soziale Arbeit kein Ausweichfach für diejenigen, die eigentlich Ärzte werden wollten. „Natürlich habe ich in einer Wohngruppe Kontakte mit Menschen – aber ich behandele keine Krankheiten“, sagt Wilcke. „Es sind schlicht unterschiedliche Berufe.“Wer allerdings weniger an der Behandlung von Menschen, als an der Entwicklung von Therapien interessiert ist, für den ist dann ein Biologie- oder Chemiestudium mit dem Ziel der Krebsoder Medikamentenforschung eine Alternative zum Arztberuf.
Wer aber wirklich ausschließlich den Traum vom Arztdasein hegt, für den gibt es Möglichkeiten, trotz eines Nicht-Einser-Abis zu einem Studienplatz zu kommen: Manche Hochschulen bieten Tests an, die mit der Abinote verrechnet werden. „Schneide ich dort exzellent ab, hebt das mein Zweier-Abi auf ein Einser-Niveau und ich habe vielleicht einen Platz“, sagt Karin Wilcke. Die österreichischen Hochschulen beispielsweise setzen ausschließlich auf diesen Test – wer ohnehin einmal gelernt hat, kann es also auch in Graz, Innsbruck oder Wien probieren. Oder an Privatunis wie der Universität Witten-Herdecke. Ein umfangreiches Auswahlverfahren ersetzt dort die NC-Grenze. Für alle mit Wunschfach Psychologie lohnt sich ein Blick zu unseren Nachbarn: Psychologie ist das ge- fragteste Fach überhaupt unter deutschen Studenten in den Niederlanden. Ein Auswahltest entscheidet über die Aufnahme. Aber: Niederländischkenntnisse müssen auf B2-Niveau sein.
Für alle anderen Fächer lohnt es sich laut Karin Wilcke, den Radius um die Wunschuni zu erweitern. „Jura in Düsseldorf hat einen NC von 1,8 – in Trier ist das Fach zulassungsfrei.“Dabei sage der NC nichts über die Qualität des Faches aus: „Marburg, Giessen oder Trier liegen einfach nicht in so eng besiedelten Gebieten wie Düsseldorf, Bochum und Köln“, so die Studienberaterin. „Wenn ich bereit bin, etwas weiter weg zu ziehen, dann bekomme ich in der Regel auch einen Studienplatz in Fächern wie BWL oder Jura.“Gerade bei BWL gelte: Bezeichnungen wie „Sportmanage- ment“oder „Eventmanagement“locken besonders viele Studierende an. „Dabei sind das alles BWL-Studiengänge“, sagt Wilcke. „Schwerpunkte kann ich auch durch Praktika legen oder im Master.“
Naturwissenschaftliche Fächer sowie Ingenieurwissenschaften sind meistens nicht zulassungsbeschränkt – es sei denn, man möchte ausgerechnet an NRWs Exzellenzuni nach Aachen. „Dazu gibt es aber in jeder anderen Unistadt in unserem Bundesland Alternativen“, sagt Karin Wilcke. So kann man an der Hochschule Niederrhein zulassungsfrei Elektrotechnik oder Chemieingenieurwesen studieren, an der Ruhr-Uni Bochum kann man sich ohne NC in Bauingenieurwesen oder Physik einschreiben.
Regelrechte Boom-Fächer sind im Moment Sozialpädagogik und So- ziale Arbeit, die es vor allem an Fachhochschulen gibt. „Tatsächlich sind diese meist zulassungsbeschränkt und man muss schon ein 2,3er bis 2,5er Abi mitbringen“, sagt Karin Wilcke.
Grundsätzlich rät die Studienberaterin dazu, sich die Modul- und Stundenpläne der Fächer an der jeweiligen Hochschule mit ihren Schwerpunkten anzusehen. „Nur nach dem Namen des Fachs sollte man nicht gehen.“Bei den meisten Studiengängen reichen sechs Wartesemester, um eine Zulassungsbeschränkung zu umgehen. Genau die drei Jahre, in der man nach dem Abi auch eine Ausbildung abschließen könnte. „Das hat wirklich nur Vorteile“, sagt Wilcke. „Mit praktischen Erfahrungen hat man nach dem Studium beste Aussichten auf dem Arbeitsmarkt.“