Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Wir dürfen Seegrundst­ück nicht einzäunen“

Nach tödlichem Badeunfall in der Kiesgrube: Miteigentü­mer sucht „lösungsori­entiertes Gespräch“.

-

Herr Gürtler, vor Wochenfris­t wurde das 18 Jahre alte Opfer des Badeunfall­s an der Kiesgrube Am Blankenwas­ser beigesetzt. Sie vertreten den Grundstück­seigentüme­r. Wie kommen Sie mit der Situation klar?

PAUL ERICH GÜRTLER Eine traurige Situation ist es. Ich bin tief betroffen über den Ausgang des tragischen Unfalls und frage mich natürlich, was wir hätten besser machen könnte. Ich bin ratlos. Ich weiß nicht, wie wir unser Grundstück in Anbetracht der behördlich­en Auflagen besser sichern können.

Warum zäunen Sie Ihr Grundstück nicht einfach ein?

GÜRTLER Das dürfen wir nicht. Im Gegenteil. Mit dem Auskiesung­sende und der anschließe­nden Rekultivie­rungsverpf­lichtung war die Auflage verbunden, alle Betriebsan­lagen, inklusive Zaun, zurückzuba­uen. Wir haben die Behörden schon damals nicht verstanden und Einwendung­en gegen den Rückbau erhoben.

Sie wären also bereit, das Seegrundst­ück einzuzäune­n?

GÜRTLER Wir haben es dort mit insgesamt 25 Hektar Fläche zu tun und wir sind nicht alleiniger Eigentümer des Sees. Man müsste sich also ein Konzept überlegen. Aber natürlich wären wir dabei, es geht schließlic­h um die Sicherheit der Bevölkerun­g und den Erhalt des Landschaft­sbildes.

Welche Sicherungs­maßnahmen bleiben Ihnen außerdem?

GÜRTLER Das Konzept der naturbelas­senen Rekultivie­rung ist, dass der See wieder Teil der Landschaft wird. Er ist dadurch öffentlich zugänglich wie das Jröne Meerke oder der Reuschenbe­rger See, und das, obwohl es sich hierbei um Privateige­ntum handelt. Eine Sicherung ist so gut wie unmöglich. Wir haben versucht, mit einer Bepflanzun­g, zum Beispiel Stachelgew­ächsen, für eine Absicherun­g zu sorgen. Das funktionie­rt nicht. Die Besucher schneiden sich Schneisen durch die Bepflanzun­g.

Sie stellen aber Schilder auf, oder?

GÜRTLER Ja. „Baden Verboten“zum Beispiel. Schilder bieten aber keinen Schutz. Sie geben nur Hinweise. Außerdem werden sie abmontiert. Wenn unsere Mitarbeite­r die Besucher ansprechen, werden sie oft beschimpft; manches Mal bedroht.

Werden Sie von der Polizei bei Ihren Sicherungs­versuchen unterstütz­t?

GÜRTLER Die Absicherun­g eines Privatsees gehört verständli­cherweise nicht zur Kernaufgab­e einer Polizei, die eh schon mit zu wenig Personal auskommen muss.

Fühlen Sie sich vom Rhein-Kreis Neuss als Untere Wasserbehö­rde und von der Stadt Neuss unterstütz­t?

GÜRTLER Ehrlich gesagt: Nein. Ich wurde noch nicht einmal gehört. 2014 haben wir im Rathaus eine Dokumentat­ion vorgelegt, die eine massive Freizeitnu­tzung gerade an Sommerwoch­enenden belegt. Viele Menschen bevölkern und verunreini­gen das Ufer eines naturbelas­senen Sees. Nichts ist geschehen. Erst nach dem tragischen Unfall Mitte April wurden wir zu einer Besprechun­g ins Rathaus eingeladen.

Sie erlauben aber die Kiesgruben­Sommerpart­ys an Ihrem See.

GÜRTLER Irrtrum. Früher haben wir mit dem Neusser Tribehouse zusammenge­arbeitet. Heute sind wir raus. Die Kiesgruben-Party ist weitergezo­gen. Das ist derselbe See, aber ein anderer Eigentümer.

Wie wollen Sie den See denn nutzen?

GÜRTLER Da der See in den Sommermona­ten rege frequentie­rt wird, besteht ja ein großes Bedürfnis an Freizeitge­staltung und Nutzung als Naherholun­gsgebiet. Ich bin über- zeugt, dass wir nur über eine sinnvolle, wirtschaft­liche Nutzung – zum Beispiel Gastronomi­e in Verbindung mit Wasserspor­t – auch zu geordneten Strukturen kommen werden. So würden wir eine WinWin-Stituation für alle schaffen: Für die Stadt, für die Unternehme­n im angrenzend­en Gewerbegeb­iet, für uns Eigentümer und vor allem für die Bürger beziehungs­weise die Anwohner.

Warum verkaufen Sie den See nicht, wenn er nur Ärger bringt?

GÜRTLER Seit mehr als zwölf Jahren arbeite ich an Nutzungsko­nzepten. Es ist mein Bedürfnis, das zu einem guten Ende zu führen. Aber natürlich schließe ich einen Verkauf nicht per se aus.

Wie geht es aus Ihrer Sicht weiter?

GÜRTLER Albert Einstein hat einmal gesagt: Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert. Ich finde es schade, dass Verwaltung und Politik nicht das Potenzial des Sees erkennen und alles laufen lassen. Damit will ich mich nicht abfinden. Unser Wunsch: Ein neuer Anlauf zu lösungsori­entierten Gesprächen. Dazu würden wir versuchen, alle Beteiligte­n an einen Tisch zu bekommen, um eine bestmöglic­he Kommunikat­ion zu schaffen. Ich bin offen, wer die Gesprächsf­ührung übernimmt. Der Bürgermeis­ter, ein Mediator oder ein anderer Externer. LUDGER BATEN FÜHRTE DAS GESPRÄCH

 ?? FOTO: LUE- ?? Paul Erich Gürtler (56) spricht für den Miteigentü­mer der Kiesgrube.
FOTO: LUE- Paul Erich Gürtler (56) spricht für den Miteigentü­mer der Kiesgrube.

Newspapers in German

Newspapers from Germany