Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Das Wörterbuch der Mayaschrift
Mehr als 30 Maya-Sprachen sind heute bekannt. Sechs davon beziehen sich noch auf die klassische Schriftsprache des Volkes mit den bekannten Hieroglyphen – vergleichbar mit Italienisch und Latein. Aus der Glanzzeit des Maya sind mehr als 10.000 Textträger wie Stelen bislang entdeckt worden. Insgesamt hat die Wort- und SilbenSchrift etwa 850 Zeichen. Etwa 70 Prozent der Hieroglyphen konnten bislang entschlüsselt werden. Künftig sollen sowohl sämtliche Textträger als auch die Zeichen in einer digitalen Datenbank dokumentiert und zugänglich gemacht werden. Dazu kommt die Analyse der Inschriften. So entsteht ein neues digitales Wörterbuch der Mayaschrift, das über das Internet öffentlich zugänglich ist. Gerade arbeiten die Altamerikanisten der Uni Bonn im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum, wo sieben Textträger aus der klassischen Maya-Zeit, darunter eine große Stele zur Sammlung gehören. Bei elf weiteren Exponaten muss noch überprüft werden, ob diese als Psyeudoglyphen nur der Dekoration dienten oder ob diese wirklich auch etwas beinhalten. Bis zum November werden schrittweise alle Objekte der Dauerausstellung sowie im Außenlager und im Steindepot des Museums untersucht. Vor Ort werden die Hieroglyphen mit einem 3-D-Weißlichtscanner detailgenau erfasst, dreidimensional visualisiert und dokumentiert. Bei einer großen Stele dauert der aufwendige Scannvorgang etwa zwei Tage. Mit dem Scanner kann man Details erkennen, die bislang verborgen geblieben sind. Durch das sogenannte Renderverfahren werden auch kaum erkennbare Textstellen wieder lesbar. So können auch Pseudoglyphen entdeckt werden. Mit einer Virtual Rea- lity-Brille liest man die dreidimensional dargestellten Hieroglyphen dann so, als ob man sie direkt in Händen halten würde. Mit der digitalen Bildbearbeitung werden auf den 3D-Modellen die Schriftzeichen wieder lesbar. Auch die Oberflächen von Artefakten werden durch das virtuelle Abrollen auf eine Fläche projiziert. Außerdem kann der Betrachter beispielsweise auch in Keramikgefäße steigen und dort im Inneren Schriftzeichen entdecken. Stephan Eppinger