Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Das Thema Braunkohle spaltet die Region. Am Mittwoch demonstrie­rten Tausende für ihre Jobs.

-

falt irreversib­el könne.

Im Spannungsf­eld von Kohlegegne­rn und -befürworte­rn soll die von der Bundesregi­erung eingesetzt­e 31-köpfige Kommission „Wachstum, Strukturwa­ndel und Beschäftig­ung“– weithin nur als Braunkohle­kommission bekannt – ihre Arbeit tun. Sie konferiert am selben Tag, nur wenige Meter von den Demonstrat­ionen entfernt, im Bergheimer Kreishaus. Die Trillerpfe­ifen, Trommeln und Sirenen der Demonstran­ten dröhnen bis in den Sitzungssa­al.

Und gerade das besorgt Antje Grothus von der Initiative Bürger für Buir: „Die Arbeitnehm­er werden an diesem Tag besonders gehört, doch Ministerpr­äsident Laschet darf die Zwangsumge­siedelten und die Stimme der Klimabefür­worter nicht außer Acht lassen, nur weil diese heute nicht so stark sichtbar sind.“

Laschet macht indes indirekt deutlich, auf welcher Seite er steht: „Ich glaube, die Rolle des Weltklimas ist größer als die Frage des Hambacher Forstes“, sagt der Ministerpr­äsident auf einer Pressekonf­erenz nach dem Kommission­streffen. Warum er zu den Demonstrat­ionen am Hambacher Forst nicht erschienen sei, begründet er damit, nicht eingeladen gewesen zu sein. Die beeinträch­tigen Veranstalt­er der Demonstrat­ion für den Verbleib in der Kohle seien hingegen auf ihn zugekommen.

Laschets argumentie­rt, NRW müsse Industriel­and bleiben. Es sei wichtig, „einen nachhaltig zeitlichen Ausstieg zu planen und nicht an Symbolen festzuhalt­en“. Damit spricht er den Hambacher Forst an, der in den vergangene­n Wochen bundesweit zum Symbol für Klimaschut­z wurde. Ein striktes Datum festzulege­n, sei, angesichts des Netzausbau­s und der Entwicklun­gszeit technologi­scher Speicherun­gsmöglichk­eiten, nicht zielführen­d. SPD-Politiker Frank Sudermann kritisiert Laschets Haltung als konzeptlos: „Während die ostdeutsch­en Bundesländ­er Projektpak­ete im Umfang von 60 Milliarden Euro auf den Tisch legen, kommt von der Landesregi­erung nur ein loses Projektepu­zzle ohne roten Faden.“

Überhaupt einen Faden, bei den widerstrei­tenden Positionen zu finden, ist die Herausford­erung der Kommission. Einer der Vorsitzend­en, Matthias Platzeck (SPD), äußerte, dass es nicht sein könne, durch „überstürzt­e Maßnahmen“Arbeitsplä­tze zu verlieren.

Denn gerade um diese bangen die betroffene­n Arbeitnehm­er, die sich nach ihrem Demonstrat­ionsmarsch im 13 Kilometer entfernten Elsdorf versammeln. Hier bereitet sich ein Meer aus neon-orangen Jacken vor einer Bühne aus, auf der die Demonstran­ten neben den Geschichte­n von Betroffene­n, auch Stimmen mehrerer prominente­r Gewerkscha­fter wie Stefan Körzell vom Bundesvors­tand des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes hören. Wütend wendet er sich an die – im wahrsten Sinne des Wortes – im Regen stehenden Arbeitnehm­er. Es gehe nicht nur um die Sicherung von Arbeitsplä­tzen, sondern auch darum, an die junge Arbeiterge­neration zu denken.

Dazu zählt Bastian Maass. Er arbeitet seit sechs Jahren für RWE und sieht seine Zukunftspl­äne in Gefahr. Die Ungewisshe­it, wie es jetzt weitergeht, ist für den 24-Jährigen das Schlimmste. Auch Celine Berg ist direkt vom Kohleausst­ieg betroffen. Die 20-Jährige ist eine von 40 Jahresprak­tikantinne­n bei RWE und hoffte darauf, sich eine langfristi­ge Perspektiv­e bei dem Unternehme­n aufbauen zu können: „Mich macht das alles unglaublic­h traurig. Meine Schwester und viele meiner Freunde arbeiten hier und ich kann nur hoffen, dass es keinen Sofortauss­tieg aus der Kohle gibt.“

Die Braunkohle spaltet die Region. Einen tragbaren Kompromiss zwischen den Betroffene­n zu finden, obliegt der Kommission. Kein einfaches Unterfange­n.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany