Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Jeder siebte Dax-vorstand ist eine Frau
Der Anteil der weiblichen Mitglieder in den Führungsgremien wächst, allerdings sehr langsam. Die meisten Vorstandsfrauen werden als Spitzenkraft im Personalbereich eingesetzt; nur eine ist Finanzvorstand.
FRANKFURT Es geht voran, aber sehr langsam. Der Anteil von Frauen in Vorständen der börsennotierten Unternehmen ist auf 8,6 Prozent gestiegen, und damit arbeiteten zum Stichtag 1. Januar 61 Frauen in den Vorständen der 160 Unternehmen, die im Dax, M-dax oder S-dax notiert sind. Das sind elf mehr als vor einem Jahr. Das hat eine Auswertung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsfirma EY ergeben. Gleichzeitig kletterte die Zahl der Männer in denvorständen um zwölf auf 650. „Frauen in deutschen Vorständen sind immer noch eine Seltenheit“, sagt Ey-expertin Ulrike Hasbargen, „wir sehen zwar Fortschritte, aber der Wandel vollzieht sich sehr langsam.“Bleibe es bei diesem Tempo, dann werde es bis 2034 dauern, bis zumindest ein Drittel dervorstandsposten mit Frauen besetzt sei.
In zwei Dritteln der Vorstandsgremien sind Frauen gar nicht vertreten. Mehr als ein weibliches Vorstandsmitglied findet man nur in acht (Vorjahr sieben) Unternehmen, so etwa bei der Allianz, bei Daimler, SAP und der Deutschen Telekom. Chefinnen gibt es nur in vier S-dax-unternehmen. In 23 der 30 Dax-unternehmen sitzt mindestens eine Frau im Vorstand: 28 weibliche Vorstandsmitglieder sind es insgesamt, sieben mehr als imvorjahr. Sie machen in der obersten Liga einen Anteil von etwa 14 Prozent aus. Das heißt: Jeddrf siebte Dax-vorstand ist eine Frau.
Meistens sind die Frauen im Vorstand für operative Bereiche zu- ständig, wie Produktion oder Logistik. Beispiel ist etwa Saori Dubourg, die beim weltgrößten Chemiekonzern BASF unter anderem für die Agrochemie zuständig ist. Knapp ein Viertel ist verantwortlich für das Personal. Finanzvorstand unter den Dax-unternehmen ist nur Helene von Roeder beimwohnungskonzern Vonovia.
Der geringe Frauenanteil könnte zum Problem für den Standort Deutschland werden, warnt EY-EXpertin Hasbergen. Sie sieht die Innovationsfähigkeit der deutschen Unternehmen gefährdet: Die Arbeit in gemischten Teams könne anstrengend sein: „Aber die Reibung, die hier entsteht, die Diskussionen und das Aufeinandertreffen unter- schiedlicher Sichtweisen führen eben auch oft zu neuen Lösungen und zu mehr Innovationskraft.“viele Unternehmen hielten zu lang am Gewohnten fest. Dabei zwinge der demografische Wandel die Firmen, verstärkt auf Frauen in Führungspositionen zu setzen. Dievereinbarkeit von Familie und Beruf müsse besser ermöglicht werden, dazu müsse die Politik die Rahmenbedingungen setzen. Aber auch im meist männlichen Management selbst müsse man umdenken. Sie hoffe, dass die Unternehmen das aus sich heraus schafften, sagte Elke Holst jüngst im Deutschlandfunk. Sie leitet beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) den Bereich„gender Studies“.