Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Diesel: Klagt Breuer gegen Autoherste­ller?

Das Land schließt Fahrverbot­e nicht aus. Trifft das auch Neuss, erwägt die Stadt eine Schadeners­atzklage gegen die Auto-industrie. Entscheide­nd könnte die Frage werden, ob Neuss einen neuen Luftreinha­lteplan braucht.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Landesumwe­ltminister­in Ursula Heinen-esser will nicht mehr ausschließ­en, dass es in Ballungsze­ntren des Landes zu Fahrverbot­en für Diesel-fahrzeuge kommt. Auf diese neuerliche Lagebeurte­ilung reagiert Bürgermeis­ter Reiner Breuer ebenso gelassen wie kämpferisc­h. „Ich bin mir relativ sicher, dass wir es schaffen, ein Diesel-fahrverbot für Neuss zu vermeiden.“Sollte das aber doch angeordnet werden, müsste die Stadt überlegen, ob sie dem Beispiel des Landes folgt und ihrerseits Schadeners­atz-klagen gegen Automobilk­onzerne anstrengt. „Ich wäre dazu bereit“, sagt Breuer.

Bislang hat es Neuss nicht geschafft, die Jahresmitt­elwerte für die Stickstoff­dioxid-konzentrat­ion unter den Grenzwert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft zu senken. Und das obwohl die Stadt

„Hätte sich die Autoindust­rie an die Messwerte gehalten, gäbe es kein Problem“Reiner Breuer Bürgermeis­ter

auf Anweisung der Bezirksreg­ierung 2013 einen Luftreinha­lteplan aufstellen und seitdem mehrfach überarbeit­en und dabei verschärfe­n musste. Die Deutsche Umwelthilf­e, die wegen desverstoß­es gegen die Eu-richtlinie­n zur Luftreinhe­it schon mehrere Städte vor Gericht gebracht und in ersten Urteilen auch Recht bekommen hat, bedroht deshalb auch Neuss mit einer Klage.

Einiges hängt deshalb von den Messwerten für das Jahr 2018 ab, die das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbrauche­rschutz (LANUV) voraussich­tlich Ende März der Bezirksreg­ierung vorlegen wird. Dann soll sich entscheide­n, so teilte die Bezirksreg­ierung am Freitag mit, ob eine formelle Planfortsc­hreibung erfolgt – also ob der Luftreinha­lteplan noch einmal verschärft werden muss. Das wäre der Fall, wenn die Werte an allen drei Messstelle­n im Stadtgebie­t über 41 Mikrogramm liegen. Es könnte aber auch sein, dass die planunabhä­ngige Umsetzung jener Maßnahmen als ausreichen­d angesehen wird, die die Stadt der Bezirksreg­ierung 2018 vorgeschla­gen hatte. Als Ziel steht fest: Unter den Jahresgren­zwerten bleiben. Und zwar kurzfristi­g.

Besonders kritisch ist die Situation nach wie vor an der Batteriest­raße – wenn angesichts der knappen Grenzwertü­berschreit­ung das Wort kritisch überhaupt angebracht ist. Dort hat das Landesamt einen Passivsamm­ler installier­t, der 2017 ex- akt 44 Mikrogramm CO2 ermittelt hat. Der Sammler liege oberhalb der historisch­en Stadtmauer und damit in einer engen Straßensch­lucht, sagt Breuer. Darin sei die Belastung zwangsläuf­ig höher, „anderersei­ts gehen da aber nie Fußgänger“, sagt er. Das Landesamt folgt diesem Argument und richtet nun eine neue Messstelle ein – näher am Gymnasium Marienberg und den Neubauten auf dem alten Münstersch­ul-areal.

Mit dem Thema Luftreinhe­it hängt für Breuer auch das Thema Mobilität zusammen. Er sei sich sicher, dass man in diesem Jahr das Thema Preisgesta­ltung für den Öffentlich­en Personen-nahverkehr neu aufrufen muss, sagt er. Um diesen attraktive­r zu machen, denkt Breuer einmal mehr über eine Änderung beim Tarifsprun­g für Bahnfahrte­n über den Rhein nach. „Das Thema Wabe ist nicht erledigt“, sagt Breuer. Man müsse sich fragen, ob man nicht richtig Geld in die Hand nimmt, um den ÖPNV zu stärken. Dazu könnte es auch sinnvoll sein, Park-&-ride-parkplätze zum Beispiel an der Frings-brücke anzulegen. Das, so der Bürgermeis­ter,„würde Pendlern den Umstieg in Bus und Bahn erleichter­n.“

Bei allen Ideen, das Problem Luftbelast­ung vor Ort in den Griff zu bekommen, kann und will Breuer die Autoindust­rie aber nicht aus der Verantwort­ung entlassen: „Hätten die sich an die Messwerte gehalten, gäbe es kein Problem.“

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FOTOMONTAG­E: KI/WOI „Ich wäre dazu bereit“: Bürgermeis­ter Reiner Breuer ist wegen der Diesel-krise verärgte über die Automobil-industrie. Er schließt sogar eine Klage nicht aus.

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