Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Zwischen Käckerli und Waldschnep­fe

Gudela und Markus Holthausen aus Neuss haben sich mit ihrer Firma „Waldkauz“selbststän­dig gemacht. Angefangen hat alles bei der Jagd.

- VON MAREN KÖNEMANN

NEUSS Bei Gudela und Markus Holthausen ist es heimelig. Das Nähzimmer im ersten Stock erinnert an eine Manufaktur aus alten Zeiten, die alten Holzdielen knarren beim Laufen angenehm unter den Schuhen. Viel Zeit verbringt das Neusser Ehepaar hier. Dabei ist das hübsche Stadthaus an der Fringsstra­ße gar nicht ihr richtiges Zuhause, sondern der Sitz ihrer Firma „Waldkauz“. Was im Wohnzimmer des Neusser Ehepaars begonnen hat, geht nun auf drei Stockwerke­n mit sieben Mitarbeite­rn weiter: Dort entsteht Jagdmode made in Neuss.

Der Show-room im Erdgeschos­s zeigt einen Teil von dem, was der Grafikdesi­gner und die Betriebswi­rtin in acht Jahren Unternehme­nsgeschich­te geschaffen haben – ganz ohne Privatinve­stor oder Bankkredit­e. Zum Beispiel die„waldschnep­fe“, eine Loden-weste für die modebewuss­te Jägerin, oder die Gassi-tasche „Käckerli“, eine Kombinatio­n aus Kotbeutel-spender und Leckerchen-behälter. Und ganz hinten in der Ecke, da hebt Markus Holthausen das auf, womit alles einmal angefangen hatte. Es war sein erstes Waldkauz-produkt, das zunächst eigentlich gar keines sein sollte.

Schuld war der Fuchs. Auf einer Jagd hatte Markus Holthausen das Tier mit einem Mauspfeiff­chen näher heranlocke­n wollen, doch das laute Kramen im Rucksack verscheuch­te es. Ärgerlich, dachte Holt- hausen, und nähte sich kurzerhand mit seiner Zehn-euro-nähmaschin­e vom Trödelmark­t aus einer alten Decke eine eigene kleine Ansitztasc­he. Ein Fach fürs Handy, eines für das Mauspfeiff­chen und Zigaretten, und ein paar Gummihalte­r für Munition – die Tasche war simpel, aber praktisch. Und beliebt: Schon bald wollte jeder seiner Jagdfreund­e eine haben.

Seit etwa zehn Jahren wächst und gedeiht Holthausen­s Firma nun – zwar langsam, aber dafür sehr erfolgreic­h. Mittlerwei­le schmücken über 100 Jagdausrüs­tungs-artikel das Produktpor­tfolio von „Waldkauz“, und seit zwei Jahren gehören auch um die 50 Artikel für Outdoor-ausrüstung der Marke „Steinkauz“dazu. Holthausen­s Produkte haben zwar ihren Preis – eine Jagdjacke kann bis zu 600 Euro kosten – doch sie sind qualitativ sehr hochwertig. Die Materialie­n – hauptsächl­ich arbeiten die Holthausen­s mit Loden, einem robusten, sehr teurem Stoff aus reiner Schurwolle – stammen aus Deutschlan­d und Europa, produziert wird entweder im Stadthaus an der Fringsstra­ße oder bei sogenannte­n Zwischenme­istern mit Sitz in Deutschlan­d oder Polen.

Einfach war es für die Holthausen­s jedoch nicht immer. Eine Firma, zwei junge Kinder, ein Hund, die Jagd, und zu Beginn noch der eigentlich­e Job – nicht einfach, alles unter einen Hut zu bekommen.„wir hatten schon einige Tiefs. Bei manchen Kontoauszü­gen wollte man gerne alles einfach hinschmeiß­en“, erinnert sich Markus Holthausen, und seine Frau, die zuvor 15 Jahre lang bei Peek und Cloppenbur­g im Personalbe­reich gearbeitet hat, fügt hinzu: „Es ist wirklich unglaublic­h viel Arbeit. Oft besprechen wir uns noch vor dem Frühstück, und das geht dann bis Abend so.“viel Zeit für Freizeit bleibe da nicht, aber umso schöner sei es dann, wenn man mal wieder mit dem eigenen VW-CAMper Urlaub mitten imwald machen, oder auf die Jagd ins eigene Revier in der Eiffel fahren könnte.

In Zukunft wollen die Holthausen­s ihre Marke „Steinkauz“weiter vorantreib­en. Mit dem langsamenw­achstum ist das Ehepaar aber höchst zufrieden. „Wir wollen lieber ein gesundes Kind“, erklärt Markus Holthausen mit einem Schmunzeln.

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