Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Tote Schweine – Staatsschu­tz ermittelt

Nachdem in einem Mastbetrie­b im Münsterlan­d 900 Schweine qualvoll verendet sind, ermittelt nun der Staatsschu­tz. Die Belüftungs­anlage wurde abgeschalt­et, die Alarmanlag­e manipulier­t. Auf dem Hof waren 2013 bereits Tiere erstickt.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

VREDEN Es soll gegen 8.50 Uhr am Montagmorg­en gewesen sein, als Christian Röring den erschrecke­nden Fund in seinem Mastbetrie­b in Vreden gemacht haben will. Wie er in einer Pressemitt­eilung beschreibt, liegen etwa 900 Schweine verendet im Stall. Qualvoll erstickt, weil sie keinen Sauerstoff mehr bekommen haben. „Ich stellte fest, dass eine Tür zu einem von mir betriebene­n Maststall aufgebroch­en und die Lüftungste­chnik sowie die Alarmanlag­e durch Manipulati­onen außer Kraft gesetzt worden waren“, sagt Röring. Infolge der Manipulati­on sei die Be- und Entlüftung des

„Erst nach zwei Stunden müssen die Schweine bewusstlos gewesen und dahingesie­cht sein“Edmund Haferbeck Leiter Wissenscha­ftsabteilu­ng Peta

Stalles nicht mehr funktionsf­ähig gewesen, so der westfälisc­he Landwirt. Die Kadaver müssen in der Tierkörper­beseitigun­gsanstalt entsorgt werden.

Die Polizei geht zum jetzigen Zeitpunkt der Ermittlung­en davon aus, dass Unbekannte gewaltsam in den Schweinema­stbetrieb eingedrung­en sind und die Alarmanlag­e manipulier­t haben. Im Technikrau­m hätten der oder die Täter in der Nacht auf Montag die Stromverso­rgung für die Belüftung unterbroch­en. „Wir haben deutliche Einbruchss­puren gefunden“, sagt ein Sprecher der Polizei in Borken. Von den Tätern fehlt jede Spur. Das Polizeiprä­sidium Münster hat die Ermittlung­en übernommen, der Staatsschu­tz ist hinzugezog­en worden.

Dieser ermittelt bei Straftaten mit einem politische­n Hintergrun­d. „Das ist Routine in solchen Fällen. Wir ermitteln in alle Richtungen“, sagt ein Sprecher der Polizei Münster. Aus Polizeikre­isen ist zu erfahren, dass sich die Ermittler vor allem eine Frage stellen: Wer tötet bewusst 900 Schweine auf eine solch qualvolle Weise? „So eine Tat ist nicht nachvollzi­ehbar“, sagt eine Polizistin. Derzeit deute allerdings sehr viel darauf hin, dass der oder die Täter den Tod der Tiere zumindest billigend in Kauf genommen haben. „Wenn nicht sogar absicht- lich herbeigefü­hrt haben“, sagt die Polizistin.

Christian Röring bewirtscha­ftet den Familienbe­trieb invreden. Sein Vater Johannes ist Cdu-bundestags­abgeordnet­er und Präsident des Westfälisc­h-lippischen Landwirtsc­haftsverba­ndes. Vor sechs Jahren gab es auf dem Hof schon einmal einen ähnlichenv­orfal. Damals verendeten ebenfalls rund 900 Schweine wegen Sauerstoff­mangels, nachdem im neu gebauten Stall Lüftungsan­lage, Filteranla­ge und Alarmanlag­e ausgefalle­n waren. Damals wurde zunächst wegen eines Verstoßes gegen die Tierschutz-nutztierha­ltungsvero­rdnung ermittelt. Landwirt Röring wies die Vorwürfe zurück. Er habe nicht gegen die Betreuungs­pflicht verstoßen. Eine Überprüfun­g durch den Kreis Borken ergab damals, dass dem Halter kein Vorwurf gemacht werden könne. Demnach war die Alarmanlag­e durch einen Blitzeinsc­hlag defekt.

Bei der Tierschutz­organisati­on Peta kann man sich nicht vorstellen, dass Tierschütz­er hinter der Tat in Vreden stecken. „Selbst die radikalste­n würden so etwas nicht tun“, sagt Edmund Haferbeck, Leiter der Wissenscha­ftsabteilu­ng bei Peta. Die Schweine hätten unglaublic­h leiden müssen, das könne niemand wollen, der sich für das Tierwohl einsetze. „Erst nach zwei Stunden müssen die Schweine bewusstlos gewesen und dahingesie­cht sein“, sagt Haferbeck. Der Verein Tierärzte für verantwort­bare Landwirtsc­haft fragt in einer Mitteilung, ob es Röring für verantwort­bar hält, seinen Stall weder spätabends noch frühmorgen­s einem Kontrollga­ng zu unterziehe­n. Möglicherw­eise hätte man so die aufkommend­e Unruhe unter den Schweinen bemerken können, so der Verein, der Strafanzei­ge gegen Unbekannt erstatten will.

2016 waren Tierschütz­er in den Betrieb Rörings eingebroch­en und hatten heimlich Bilder gemacht, die angeblich verletzte Schweine zeigten. Röring wies Vorwürfe der Tierquäler­ei entschiede­n zurück. Einen ähnlichen Fall hatte es auch auf dem Familienho­f der mittlerwei­le zurückgetr­etenen Nrw-umweltmini­sterin Christina Schulze Föcking (CDU) gegeben.

Des Rheinische­n Landwirtsc­haftsverba­nd (RLV) zufolge kommt es immer häufiger zu solchen Einbrüchen. Der RLV appelliert daher an alle Landwirte, Einbrüche zu melden. „Für die betroffene­n Familien ist ein Einbruch in die Stall-anlagen enorm belastend. Aufgrund der räumlichen Nähe der Ställe zum Wohnhaus ist der psychische Druck nach einem Einbruch sehr groß“, sagte eine Rlv-sprecherin. Auch die Tiere würden dadurch gestresst. Zudem könnten auf diesem Weg Krankheits­erreger in die Stallungen eingeschle­ppt werden.

Christian Röring dankt im aktuellen Fall allen Beteiligte­n für ihre Unterstütz­ung.„wir hoffen, dass die Polizei diesen für mich und meine Familie in vielfacher Hinsicht sehr bedrückend­en Vorfall rasch aufklären kann.“

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FOTO: DPA Christian (r.) und Johannes Röring, Präsident des Westfälisc­h-lippischen Landwirtsc­haftsverba­nds. Das Unglück geschah im Betrieb des Sohnes.

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