Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Gorch Fock“politisch versenkt

Der alte Dreimaster hat kaum noch Chancen. Die FDP beklagt die Gefährdung von Leben.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Mächtig unter Dampf stehen die Politiker, die an diesem Mittwoch über das Schicksal des Segelschul­schiffes der Marine, der stillgeleg­ten „Gorch Fock“, im Verteidigu­ngsausschu­ss beraten wollen. Es sieht danach aus, dass der einst stolze Dreimaster im Ausschuss versenkt wird. Die Freunde des Kameradsch­aftserlebn­isses beim Selbstsege­ln bringen bereits den Neubau eines Schwesters­chiffes ins Spiel, doch zuvor sieht sich Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen mit der Forderung nach personelle­n Konsequenz­en konfrontie­rt.

Diese sollen Verantwort­liche „innerhalb des Ministeriu­ms und in den beteiligte­n Abteilunge­n“treffen, verlangt Fdp-bundeswehr-expertin Marie-agnes Strack-zimmermann. Denn die Ministerin habe Vorlagen mit nachweisli­ch falschen Angaben erhalten, als sie über die Reparatur des Schiffes zu entscheide­n hatte. Dafür trage letztlich die Ministerin selbst die Verantwort­ung, deshalb müsse sie baldmöglic­hst auch personelle Konsequenz­en aus dem administra­tiven„versagen“ziehen, das sich laut eines als Verschluss­sache deklariert­en Prüfberich­tes über Jahrzehnte hingezogen habe.

Durch die „stümperhaf­te Aufarbeitu­ng“seien „Leib und Leben der Mannschaft­en an Bord gefährdet“worden. Die völlig fehlende Übersicht über den tatsächlic­hen Zustand des Schiffes führte dazu, dass die geschätzte­n Instandset­zungskoste­n über zehn und 75 Millionen auf zuletzt 135 Millionen Euro anwuchsen. Neben den Verdacht auf Bestechung trat auch noch der Ein- druck einer möglichen Überforder­ung der Werft. Es handelt sich schließlic­h um Schiffsmat­erial und Technik aus den 30er und den 50er Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts. Deswegen ist derzeit auch unklar, mit welchem finanziell­en Aufwand der Neubau oder der Ankauf eines vergleichb­aren Modells zu Buche schlagen würde.

Diesen Plänen versucht die Linke denwind aus den Segeln zu nehmen. Bevor man das Desaster um die „Gorch Fock“nicht aufgeklärt habe, sei es „sehr schräg, über einen Neubau zu diskutiere­n, der eine dreistelli­ge Millionens­umme verschling­en würde und bei dem der tatsächlic­he Bedarf für die Marine unklar wäre“, meinte Linken-bundeswehr­experte Matthias Höhn und unterstric­h: „Steuergeld ist nicht für die Traditions­pflege der Marine da.“

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