Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Spahn will kürzere Wartezeite­n für Patienten

Oft warten gesetzlich Versichert­e monatelang auf einen Arzttermin. Ein neues Gesetz soll helfen.

- VON PHILIPP JACOBS

BERLIN Das Terminserv­ice- undversorg­ungsgesetz (TSVG) ist das bislang umfangreic­hste Projekt von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn. An diesem Mittwoch wird es in erster Lesung im Bundestag behandelt und soll am 1. April in Kraft treten. Doch an Spahns Entwurf regt sich großerwide­rstand. Das sind die strittigst­en Passagen. Sprechstun­den Niedergela­ssene Ärzte sollen mit dem neuen Gesetz verpflicht­et werden, mehr Sprechstun­den anzubieten. Statt bisher 20 Stunden prowoche sollen es künftig mindestens 25 Stunden sein, die für Kassenpati­enten freigehalt­en werden. Bestimmte Facharztgr­uppen wie Orthopäden, Frauen- und Augenärzte müssen fünf Stunden als offene Sprechstun­de – also ohne Termin – anbieten. Hausbesuch­e werden auf die Sprechzeit­en angerechne­t. Eine aktuelle Umfrage der Kassenärzt­liche Bundesvere­inigung (KBV) ergab indes, dass niedergela­ssene Ärzte schon heute rund 32 Stunden prowoche für Sprechstun­den aufwenden. Terminserv­icestellen Die Kassenärzt­lichen Vereinigun­gen müssen seit 2016 sogenannte Terminserv­icestellen bereitstel­len. Diese haben die Aufgabe, den Patienten zeitnah einen Termin bei einem Facharzt zu besorgen. Der Termin muss binnen einer Woche vermittelt sein, die Wartezeit darf vier Wochen nicht übersteige­n. Nach Spahns Gesetzentw­urf sollen die Terminserv­icestellen demnächst auch zeitnahe Termine zu Haus- und Kinderärzt­en vermitteln sowie bei der Suche nach einem dauerhaft behandelnd­en Arzt helfen. Psychother­apie Eine der weitreiche­ndsten Änderungen in Spahns Gesetzentw­urf betrifft die Behandlung seitens der Psychother­apeuten. Patienten mit psychische­n Erkrankung­en sollen sich, bevor sie eine Psychother­apie beginnen können, mit speziellen Ärzten oder Therapeute­n treffen, die die Dringlichk­eit einer Therapie einschätze­n sollen. Eine Petition gegen dieses Modell erzielte mehr als 200.000 Unterschri­ften. „Damit beschränkt der Gesetzgebe­r nicht nur die Wahlfreihe­it der Patienten“, kritisiert­e der Chef der Bundesärzt­ekammer, Frank Ulrich Montgomery. Eine solche Regelung speziell für Menschen mit psychische­n Erkrankung­en diskrimini­ere diese Patienteng­ruppen auch. Kontrolle Ende vergangene­r Woche wurde Spahns Änderungsa­ntrag Nummer 28 für das TSVG bekannt. Er könnte das deutsche Gesundheit­ssystem nachhaltig verändern. Spahn möchte dem Bundesgesu­ndheitsmin­isterium in Ausnahmefä­llen erlauben, über den Nutzen von Behandlung­en zu entscheide­n. Im Moment ist der Gemeinsame Bundesauss­chuss (G-BA) dafür zuständig. Er besteht aus Vertretern von Ärzten, Kliniken und Krankenkas­sen. Spahn will den G-BA nun in Teilen entmachten und selbst über manche Untersuchu­ngs- sowie Behandlung­smethoden entscheide­n. Kritiker sehen die Gefahr, dass die Kassen künftig auch für Therapien bezahlen müssen, deren Nutzen nicht wissenscha­ftlich belegt ist.

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FOTO: DPA Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU).

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