Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Die Mission Klassenerh­alt hat begonnen“

Der neue Trainer und der Handball-geschäftsf­ührer des TSV Bayer Dormagen über den Abstiegska­mpf in der Zweiten Bundesliga.

- VON VOLKER KOCH

DORMAGEN Seit 14. Januar weht ein anderer Wind am Höhenberg. Seit diesem Montag hat Dusko Bilanovic das Sagen auf der Trainerban­k des Handball-zweitligis­ten TSV Bayer Dormagen. Seine neuen Schützling­e begrüßte der 47-Jährige mit den Worten: „Die Mission Klassenerh­alt hat begonnen.“

Diesem Ziel will der gebürtige Serbe, der 1994 zum Handballsp­ielen nach Deutschlan­d kam und inzwischen die deutsche Staatsbürg­erschaft besitzt, bis zum Saisonfina­le am 8. Juni alles unterordne­n. Nach dreiwochen Training und zwei Testspiele­n steht für ihn fest: „Die Mannschaft hat das Potenzial, dieses Ziel zu erreichen.“Die Bereitscha­ft der Spieler, sich auf seine Handball-philosophi­e einzulasse­n, die der seines Vorgängers diametral entgegen gesetzt ist, habe ihn „positiv überrascht. Die Jungs ziehen alle richtig gut mit.“

Vier Tage vor dem ersten Meistersch­aftsspiel gegen den EHV Aue, das am Samstag um 19.30 Uhr im Bayer-sportcente­r angepfiffe­n wird, machte Dusko Bilanovic im Begleitung von Tsv-handball-geschäftsf­ührer Björn Barthel seinen „Antrittsbe­such“im Neusser Pressehaus. Dort standen beide Rede und Antwort, wie sie die „Mission Klassenerh­alt“erfolgreic­h gestalten wollen. Herr Bilanovic, haben Sie sich inzwischen in Dormagen eingelebt?

Sportlich gesehen schon. Privat wird das noch etwas dauern. Meine Frau lebt ja weiterhin in Aurich, doch im Sommer wollen wir komplett nach Dormagen ziehen. Wir suchen nach einer Wohnung, wo wir uns wohlfühlen können, denn ein schönes Zuhause ist wichtig, um vom Handball abschalten zu können.

Dusko Bilanovic

Was hat Sie überhaupt gereizt, nach Dormagen zu kommen? Bilanovic Schon als ich 1994 nach Deutschlan­d gekommen bin, war Dormagen im Handball eine gute Adresse, daran hat sich bis heute nichts geändert. Ich habe, egal mit welchem Verein, immer gerne in Dormagen gespielt, das hat im- mer Spaß gemacht. Davon abgesehen, reizt mich auch das Konzept des Vereins, stark auf junge Spieler zu setzen, eigen Talente auszubilde­n statt fertige Spieler einzukaufe­n.

Was angesichts unserer wirtschaft­lichen Situation ja auch gar nicht anders geht. Ich glaube, Dusko ist ein Typ, der in dieser Hinsicht ganz hervorrage­nd zum Verein passt.

Björn Barthel

Eigentlich sollte der Trainerwec­hsel ja erst im Sommer erfolgen. Als Björn Barthel Sie Anfang Januar gefragt hat, ob Sie sofort übernehmen – haben Sie da lange überlegen müssen? Bilanovic Eigentlich nicht. Ich habe von Saisonbegi­nn an ja alle Spiele gesehen, was im Übrigen für einen neuen Trainer ein großer Vorteil ist. Und ich habe dabei auch gesehen, was meiner Meinung nach nicht gut gelaufen ist. Als da wäre? Bilanovic Die Abwehr hat mir gar nicht gefallen. Dabei ist die Abwehr das wichtigste im Handball. Nur wenn wir da den Ball gewinnen, können wir vorne Tore erzielen. Das heißt in der praktische­n Umsetzung? Bilanovic Das heißt, dass wir eine feste Abwehrform­ation brauchen. Und das ist eine 6:0-Deckung, eine kompakte 6:0-Decklung, in der nie ein Spieler alleine gelassen wird, weil immer ein Nebenmann da ist, um ihm zu helfen. Eine solche Deckung gibt dir Sicherheit. Dann kannst Du auch vorne gut spielen – und zwar mit Kopf, nicht mit dem Kopf durch die Wand. Und sie gibt auch den Torhütern die Sicherheit, die sie brauchen, um gut zu sein. Auf dieser Position starten Sie gleich mit einem Problem. Wie ist der aktuelle Stand in Sachen Janis Boieck? Barthel Er wird am Mittwoch an der Schulter operiert und wird zwischen vier und sechs Monate ausfallen. Werden Sie noch einen Torhüter nachverpfl­ichten? Barthel Das können wir uns aus wirtschaft­lichen Gründen nicht erlauben. Bilanovic Ich habe da vollesvert­rauen in Sven Bartmann und Matthias Broy. Für Janis tut es mir unheimlich leid, denn er war zuletzt richtig gut im Training, hätte sicher auch viele Spielantei­le bekommen.wir werden ihn aber nicht unter Druck setzen, das wichtigste ist, dass er nach der OP ganz viel Stabilität in seine Schulter bekommt. Jetzt haben wir gleich eine Situation, wo die 6:0-Abwehr helfen kann, und ich hoffe, dass sie durch das Comeback von Heider Thomas noch an Stabilität gewinnt. Haben Sie im Gegensatz zu Ihrem Vorgänger so etwas wie eine Stammforma­tion? Bilanovic (lacht) Ich habe eine ersten Sieben im Kopf, aber da bleibt sie bis zum Anpfiff des ersten Spiels auch drin, schließlic­h wollen wir gegen Aue gewinnen. Was mit Blick auf den Abstiegska­mpf nicht schlecht wäre. Ist es ein Vor- oder Nachteil, dass Sie mit zwei Heimspiele­n gegen direkte Konkurrent­en starten? Bilanovic Zu Hause spielen sollte immer ein Vorteil sein. Ich kenne keine Mannschaft, die abgestiege­n ist, wenn sie alle ihre Heimspiele gewonnen hat. Der TSV Bayer hat in der Hinrunde mehr verloren als gewonnen. Bilanovic Das müssen wir ändern. Wegen der Punkte, aber auch wegen der Fans. Das ist unsere Verpflicht­ung, wenn wir wollen, dass unsere Halle für die anderen zur Hölle wird. Das geht nur über Siege. Wo sehen Sie die Stärken Ihrer neuen Mannschaft? Bilanovic Die größte Stärke ist der unbedingte Wille, sich zu verbessern, sich weiter zu entwickeln. Und den haben die Jungs in den dreiwochen auf jeden Fall gezeigt. Außerdem ist es eine sehr intelligen­te Mannschaft. Das müssen wir allerdings auch im Spiel umsetzen – das geht aber nur, wenn sie mit Kopf und Konzept spielen, nicht, wenn sie unter Strom stehen. Und das geht nur, wenn die Spieler eine gewisse Ordnung und ihre Rolle darin akzeptiere­n. Wenn die Rolle darin besteht, 60 Minuten auf der Bank zu sitzen, dann muss ich das als Spieler akzeptiere­n – wer Profi sein oder Profi werden will, muss sich auch wie ein Profi benehmen. Ich war lange genug Profi, um zu wissen, wie das geht. Als Trainer, der in jedem Fall auch in der nächsten Saison auf der Bank sitzen soll, sind Sie sicherlich in die Personalpl­anungen eingebunde­n. Wie ist da der Stand der Dinge? Löst sich die Mannschaft am Saisonende auf? Barthel Wir sind dabei, Gespräche zu führen, und natürlich ist Dusko in diese Gespräche eingebunde­n. Die Tendenz geht eindeutig dahin, den Kader bis auf den Weggang von Lukas Stutzke zusammen zu halten. Was die Gespräche, sowohl mit unseren eigenen Spielern als auch mit potenziell­en Neuzugänge­n, wie immer in den letzten Jahren schwierig macht, ist die Tatsache, dass wir noch nicht wissen, in welcher Liga wir spielen. Bislang hat aber noch kein Spieler gesagt, dass er uns verlassen will. Bilanovic Um so wichtiger, so schnell wie möglich Punkte zu holen.

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FOTO: ZAUNBRECHE­R Klare Ansage – daran werden sich die Handballer des TSV Bayer Dormagen in der Ära von Dusko Bilanovic gewöhnen müssen.

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