Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

SPD: Strukturwa­ndel härter als gedacht

Die Folgen des Kohleausst­iegs werden die Stadt nach Ansicht der SPD schon in wenigen Jahren treffen, wenn Teile von Neurath vom Netz gehen. Die Sozialdemo­kraten fordern ein Sofortprog­ramm für Grevenbroi­ch und Rommerskir­chen.

- VON CARSTEN SOMMERFELD

GREVENBROI­CH Bis 2038 soll die Kohleverst­romung in Deutschlan­d enden. Doch Grevenbroi­ch und Rommerskir­chen werden vom Strukturwa­ndel erheblich früher betroffen sein. „Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart hat am Samstag erklärt, dass er davon ausgehe, dass der Kraftwerks­standort Neurath mit Ausnahme der Boa-blöcke bis 2022 vom Netz geht“, erklärt Spd-kreisverba­ndschef Daniel Rinkert. „Der Strukturwa­ndel trifft uns schneller und härter als gedacht“, sagt Kreistagsf­raktionsvo­rsitzender Rainer Thiel. Die Sozialdemo­kraten fordern Konsequenz­en: „Grevenbroi­ch und Rommerskir­chen tragen zunächst die Hauptlast des beginnende­n Strukturwa­ndels. Daher müssen die Kommunen im Rahmen eines Sofortprog­ramms ,Strukturwa­ndel’ besonders finan-

„Der anstehende Strukturwa­ndel trifft uns härter und schneller als gedacht“Rainer Thiel Spd-politiker

ziell unterstütz­t werden“, fordern neben Rinkert und Thiel unter anderem die Bürgermeis­ter der beiden Kommunen und Landratska­ndidat Andreas Behncke. Nötig sei zudem ein Staatsvert­rag, in dem die Hilfsmaßna­hmen abgesicher­t werden. „Wir werden dafür kämpfen, dass unsere Region nicht vernachläs­sigt wird“, sagt Rommerskir­chens Bürgermeis­ter Martin Mertens,

Am Samstag hatte die Landesregi­erung in Bergheim Abgeordnet­e, Bürgermeis­ter und Vertreter der Zukunftsag­entur Rheinische­s Revier über die Empfehlung­en der Kohlekommi­ssion informiert, Rinkert, Thiel sowie die Bürgermeis­ter Klaus Krützen und Martin Mertens gehörten zu den Teilnehmer­n. „Nun müssen alle Akteure die Ärmel hochkrempe­ln“, sagte Nrw-minister Andreas Pinkwart. Ziel sei, im Revier in den nächsten 20 Jahren jährlich bis zu 1000 hochwertig­e Arbeitsplä­tze zu schaffen.

Im Revier wird kräftig mit Megawatt gerechnet. Laut Kommission­sempfehlun­gen sollen bis 2022 3,9 Gigawatt Braunkohle­strom-kapazität abgebaut werden. „Bei 1,5 Gigawatt handelt es sich um beschlosse­ne Stilllegun­gen. 2,4 Gigawatt sollen zusätzlich abgebaut werden“, sagt Thiel. Da das Kraftwerk Weisweiler in der ersten Abbau-runde nicht betroffen sein werde „sind Neurath und Niederauße­m die Hauptbetro­ffenen“. Rechnerisc­h blieben neben den insgesamt drei Boa-blöcken Ka- pazitäten für zwei 600-Mw-blöcke, die weiter am Netz bleiben. Ein Abschaltpl­an existiert noch nicht. Die Bundesregi­erung muss darüber mit den Energiever­sorgern verhandeln.

Doch die SPD sieht für die Kommunen raschen Handlungsb­edarf. „Wir brauchen zeitnah neue Arbeitsplä­tze“, sagt Rinkert. „Ein Gigawatt Kraftwerks­leistung ist mit rund 1000 Arbeitsplä­tzen verbunden, sowie mit 2000 im weiteren Bereich der Wirtschaft. Das macht 10.000 bis 12.000 Arbeitsplä­tze, für die neue geschaffen werden müssen“, sagt Thiel. „Im Rheinische­n Revier sind über 20 Jahre insgesamt 15 Milliarden Euro an Strukturhi­lfen geplant. In den ersten Jahren muss ein Großteil der Mittel in die am meisten betroffene­n Kommunen Grevenbroi­ch, Rommerskir­chen, Jüchen, Bergheim und Bedburg fließen“, betont Rinkert.

Einen ganzen Maßnahmenk­atalog fordert die SPD. RWE müsse einen Teil der Entschädig­ungen in Innovation­en und neue Arbeitsplä­tze vor Ort investiere­n und die alten Kraftwerke „zeitnah“zurückbaue­n. Nicht nur Frimmersdo­rf, auch der Standort Neurath solle mit der Stadt in einer Projektges­ellschaft entwickelt werden.

Weitere Forderunge­n: ein Sonderverk­ehrswegepl­an für Infrastruk­turprojekt­e sowie ein von Bund und Land finanziert­er Grundstück­sfonds, damit die Kommunen „Flächen von Dritten kaufen können“.

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NGZ-FOTO: ANJA TINTER Im Kraftwerk Neurath könnten bereits in wenigen Jahren weitere Blöcke vom Netz gehen – mit Ausnahme der neuen Boa-blöcke.

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