Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Warum der soziale Hochhausbau in Verruf geraten ist
Zu wenig Bauland, kaum preiswerter Wohnraum. Sozialhochhäuser könnten die Lösung sein. Aber ihr Image ist denkbar schlecht.
DÜSSELDORF Anders als der Deutsche Mieterbund und Teile derwirtschaft reagiert Nrw-bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) zurückhaltend auf den Vorstoß der SPD, die mit dem Neubau von bis zu zehnstöckigen Sozialhochhäusern den Mangel an günstigem Wohnraum in Nrw-ballungsräumen bekämpfen will. „Gerade vor dem Hintergrund der schwierigen Bauformen einiger Sozialwohnungsbestände aus den 70er Jahren ist das Thema geförderterwohnungsbau im Hoch- haus sensibel“, erklärt ihr Ministerium dazu.
Abschreckende Hinterlassenschaften gescheiterter Wohnungskonzerne wie der Neuen Heimat (Motto: „Urbanität durch Dichte“) sind bundesweit zu beklagen: Gut gemeinte Hochbauten in billiger Plattenbauweise, die schnell günstigen Wohnraum schaffen sollten. Wegen der hohen Konzentration von problematischen Mietern wurde aus dem sozialen Wohnraum oft aber ein sozialer Brennpunkt – wie die berüchtigte Siedlung in Köln-chorweiler, für deren Moder- nisierung das Land soeben 108 Millionen Euro nachschießen musste. Scharrenbach:„aufgrund dieser Erfahrungen wird heute in der Fläche und nicht mehr in mehrgeschossigen Sozialwohnungsbau investiert.“
Die aktuellen Förderbestimmungen des Landes sehen bis auf Ausnahmen nur noch Sozialwohnungsgebäude mit bis zu vier Vollgeschossen vor. Aus unterschiedlichen Gründen – ein wichter ist der Mangel an Bauland in Ballungsräumen – reicht der soziale Wohungsbau in NRW aber hinten und vorne nicht mehr. Zum einen wächst der Bedarf: Weil in Städten wie Düsseldorf und Köln die Mieten seit Jahren viel schneller steigen als die Einkommen, hat hier bereits die Hälfte der Bevölkerung Anspruch auf eine Sozialwohnung. Zum anderen gibt es davon aber immer weniger: Jährlich fallen in NRW etwa 10.000 aus der Preisbindung, während das Land im langjährigen Schnitt weniger als 7000 Neubauwohnungen fördert.
Das ist der Hintergrund der neuen Spd-initiative, die ein Chorweiler-comeback aber verhindern will: „Wir orientieren uns am ‚Wie- ner Modell‘“, erklärt Spd-fraktionsvize Jochen Ott. Die Vorgabe für vergleichbare Hochhausprojekte in der österreichischen Hauptstadt: Nur ein Teil der Wohnungen muss im Rahmen staatlich festgelegter Höchstpreise vermietet werden, der Rest wird frei vermarktet. Mit der Mischung von starken und schwachen Einkommensschichten will auch die SPD die Stigmatisierung solcher Gebäude verhindern. Zudem sollen die geförderten Hochhäuser nur in Ballungsräumen entstehen, wo der Boden besonders knapp ist. Zwar werden auch in Nordrhein-westfalen sporadisch immer noch Hochhäuser gebaut. Aber sie enthalten so gut wie keine Sozialwohnungen mehr.wegen besonderer Brandschutzvorschriften ist der Hochhausbau extrem teuer geworden. Ein Beispiel: Da die Feuerwehr aus mehr als 22 Metern Höhe nicht mehr über Drehleitern evakuieren kann, müssen noch höhere Gebäude einen zweiten Rettungsweg vorweisen. Allein die Notwendigkeit eines zweiten Treppenhauses macht einen preiswerten Hochhausbau heutzutage beinahe unmöglich.