Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Drogenhand­el in NRW verlagert sich ins Internet

Die Zahl der von der Polizei registrier­ten Fälle hat sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Verkauft wird vor allem Cannabis.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Der illegale Handel mit Betäubungs­mitteln verlagert sich nach Angaben des nordrhein-westfälisc­hen Innenminis­teriums immer mehr ins Internet. Demnach registrier­te die Polizei im vergangene­n Jahr doppelt so viele Fälle wie noch 2017. So stieg die Zahl innerhalb nur eines Jahres von 3061 auf 6149. Die Dunkelziff­er dürfte Experten zufolge wesentlich höher liegen.

Die Täter im Bereich des Online-drogenhand­els entspreche­n laut Innenminis­terium nicht mehr dem Typus des klassische­n Dealers, der sich in der offenen Drogenszen­e bewegt. „Onlinehänd­ler sind häufig überdurchs­chnittlich gebildet, haben einen It-bezug und agieren wie Kaufleute“, sagte eine Sprecherin des Nrw-innenminis­teriums. Das gleiche gelte für die Käufer. „Je höher der Bildungsgr­ad des Kunden ist, desto größer ist die Tendenz zum Kauf im Internet“, so die Sprecherin.

Den zunehmende­n Onlinehand­el und Postversan­d von Betäubungs­mitteln über das Internet führen Sicherheit­sbehörden darauf zurück, dass der Kauf auf diese Weise sehr leicht sei und anonym erfolge. Tatsächlic­h kann jeder mit wenigen Klicks und Eingaben ganz einfach Drogen im Internet bestellen, wie ein Test unserer Redaktion ergeben hat. Dafür muss man noch nicht einmal ins sogenannte Darknet. Auf Wunsch kann die gewünschte Ware sogar direkt an Paketstati­onen geliefert werden – und das aufs Gramm genau. „Theoretisc­h könnte jedes Kind von seinem Zimmer aus spielend leicht Drogen nach Hause bestellen“, sagt ein Polizist.

Die Händler und Hintermänn­er solcher Plattforme­n sitzen in der Regel im Ausland, zum Beispiel in Spanien oder den Niederland­en. Wer von der Polizei beim Onlinekauf von Drogen erwischt wird, muss mit hohen Strafen rechnen. Außerdem drohen der Verlust des Führersche­ins und ein Eintrag ins Führungsze­ugnis – und das schon bei der Bestellung von einem Gramm Kokain. Die Berliner Fachkanzle­i für Strafrecht„pohl und Marx“hat nach eigenen Angaben bereits zahlreiche Mandanten verteidigt, die Drogen im Internet bestellt hatten. „In vie- len Fällen erfolgen die Bestellung­en der Betäubungs­mittel nicht über einen Drogenshop, sondern in einer Art Drogenforu­m. Die Bezahlung erfolgt meist über die Internetwä­hrung Bitcoin“, sagen die Juristen.

Besonders häufig wird im Internet mit Cannabis gehandelt. Das deckt sich auch mit Zahlen der polizeilic­hen Kriminalit­ätsstatist­ik 2018. Demnach waren von den insgesamt 67.797 erfassten Verstößen gegen das Betäubungs­mittelgese­tz 42.874 Cannabis-delikte. Dies entspricht einem Anteil von 63 Prozent. Bei der Polizei betont man, dass das heute angebotene Cannabis aufgrund seiner Zusammense­tzung nichts mehr mit dem früher verkauften Stoff zu tun habe und dementspre­chend gefährlich­er für die Gesundheit sei. So stellte das Landeskrim­inalamt jüngst eine deutliche Erhöhung der Konzentrat­ion deswirksto­ffs Tetrahydro­cannabinol fest.

Nrw-innenminis­ter Herbert Reul (CDU) lehnt die Legalisier­ung der Droge ab. „Eine Freigabe von Cannabis ist mit mir nicht zu machen. Von den Befürworte­rn wird da immer vom Recht auf Rausch geredet, aber das ist schlicht Blödsinn und verharmlos­end“, sagte Reul unserer Redaktion. Gerade für junge Menschen sei der Konsum schädlich und führe zu Psychosen und Persönlich­keitsstöru­ngen. „Ich sage klar: Das Zeug ist schlecht und gefährlich. Handel und Besitz werden konsequent verfolgt und geahndet. Und das ist genau richtig so.“Leitartike­l

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