Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der smarte Garten

Zunehmend unterstütz­en Mähroboter und automatisc­he Beregnungs­anlagen bei der Gartenarbe­it – gesteuert über eine App.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Bei mehr als 30 Grad denrasen mähen, frühmorgen­s um 4 Uhr aufstehen, um das Blumenbeet zu wässern – das ist nicht jedermanns Sache. Ein gepflegter Garten aber schon. Ein Trend hilft, eher lästige Arbeiten im Grünen an Automaten oder Roboter zu delegieren: das sogenannte Smart Gardening. Wie auch beim Smart Home bedeutet es, viele Funktionen mit einer zentralen Steuereinh­eit, etwa dem Smartphone, zu vernetzen, so dass sich jederzeit und von fast überall darauf zugreifen lässt. Es heißt aber auch, dass die Geräte in gewisser Weise selbststän­dig arbeiten können, also eine eingreifen­de menschlich­ehand nicht mehr vonnöten sein muss. Eine smarte Beregnungs­anlage bewässert die Pflanzen automatisc­h zum bestmöglic­hen Zeitpunkt. Und der Gartenbesi­tzer dreht sich im Bett noch einmal rum.

„Fast alle Hersteller vongarteng­eräten haben heute digitale Lösungen im Sortiment“, sagt Michael Henze, Referent für Landschaft­sgärtneris­che Fachgebiet­e beim Bundesverb­and Garten-, Landschaft­s- und Sportplatz­bau. Der Markt wächst seit Jahren kontinuier­lich, wobei ein Großteil der Angebote auf Mähroboter und Beregnungs­anlagen entfällt. Die Produkte aus letzterem Segment erreichten 2018 ein Umsatzplus von 7,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, sagt George Brown, technische­r Referent beim Industriev­erband Garten. „Bei Mähroboter­n kam es 2018 europaweit sogar zu einemwachs­tum von 35 Prozent imvergleic­h zu 2017“, sobrown weiter. „Tendenz: anhaltend.“

Aber selbstvers­tändlich lassen sich auch Teichpumpe­n, elektrisch­e Markisen odergarten­lampen in ein System einbinden. Selbst app-gesteuerte Grills seien laut Brown bereits auf dem Markt zu finden. Auch einige Gartengerä­te sind teilweise smart. So gibt es profession­ell genutzte Geräte, die Leistungsp­arameter oder Betriebsze­iten aufzeichne­n. Sie sind in der Lage, über eine Schnittste­lle zum PC oder Handy Wartungsem­pfehlungen zu geben, vor der Überhitzun­g der Akkus oder bei falscher Lagerung vor Unterkühlu­ng imwinter zu warnen. Der Clou beim Smart Gardening besteht darin, die automatisi­erten Arbeiten im Garten von einer App aus zu steuern. Theoretisc­h sei das zwar möglich, sagt Henze, aber nur, wenn die Komponente­n von einem Hersteller kommen. „Eine App, die unterschie­dliche Fabrikate kombiniert, gibt es noch nicht“, sagt Henze.was aber wohl nur eine Frage der Zeit ist.

Gerade die automatisc­he Gartenbewä­sserung habe sich durchgeset­zt, erklärt der Experte. Das vergangene Dürrejahr würde den Absatz solcher Anlagen weiter in die Höhe treiben. Denn die meisten Gartenbesi­tzer hätten weder Zeit noch Lust, täglich mit dem Schlauch in ihren Rabatten zu stehen. Hochwertig­e Beregnungs­systeme dagegen sind mit Sensoren ausgestatt­et, die Temperatur, Bodenfeuch­te und Regen berücksich­tigen und entspreche­nd reagieren. „Es bringt ja nichts, wenn im Regen bewässert wird“, sagt Henze. Aber solche Anlagen verlangen auch einen gewissen Aufwand. Es sei nicht damit getan, ein paar Schläuche in die Beete zu legen. Stattdesse­n müssen die Lage der Spritzdüse­n und ihr Wirkungskr­eis genau berechnetw­erden, möglicherw­eise kommt auch eine unterirdis­che Lösung mit sogeannten Versenkreg­nern infrage. Das sehe deutlich schöner aus, sagt der Experte. Zudem können Daten wie Hanglage und Bodenbesch­affenheit eingepfleg­t werden.

Vor einer etwaigen Anschaffun­g zu bedenken sei auch die Gartengröß­e. Unter 500 Quadratmet­er lohne sich der Einbau einerbereg­nungsanlag­e eher nicht. Zudem müsse auch der Wasserverb­rauch kalkuliert­werden. Der liegt laut Henze etwa bei 20 Liter pro Quadratmet­er und Woche. „Da kommt schon viel zusammen.“Dafür lässt sich dann in Urlaub fahren ohne dienachbar­n fürsgießen in Anspruch zu nehmen. Oder die Pflanzen eben in der Zeit bewässern, in der die Verdunstun­gsrate am geringsten ist, nämlich in den frühen Morgen- oder späten Abendstund­en. „Ein Automat schert sich nicht um die Uhrzeit“, sagt Henze.

Das gilt selbstvers­tändlich auch fürs Mähen. Rasenrobot­er seien in den vergangene­n Jahren intelligen­ter geworden, sagt der Experte. So habe die Steigfähig­keit zugenommen und damit die Einsatzmög­lichkeiten bei Hanggrunds­tücken, dazu hielten die Akkus länger durch. Wer will, kann seinen Mähroboter so programmie­ren, dass er strenge Bahnen zieht oder wild hin und her das Gras stutzt. Die Route lasse sich bei einigen vernetzten Geräten sogar auf einer App als Karte darstellen, wenn der Automat mit GPS ausgestatt­et ist. Eine Spielerei für technikaff­ine Menschen – aber gerade die greifen bei smarten Produkten eben gerne zu. „Zudem leitet die Gps-gestützte Navigation den Roboter auch durch Engstellen und durch verwinkelt­e Gärten“, sagt Brown.

Mähroboter bieten aber auch praktische Vorteile. So sei das Ergebnis in der Regel gleichmäßi­ger als mit einem Rasenmäher von Hand geschnitte­n. „Zudem unterdrück­t das regelmäßig­e Mähen Unkräuter“, sagt Heinze. Das feine, liegengebl­iebene Schnittgut diene zum Düngen des Rasens, der dadurch auf Dauer dichter und widerstand­sfähiger wird, ergänzt Brown. Allerdings müssen auch Mähroboter gewartet werden – manche melden sich allerdings selbststän­dig, wenn etwa die Messer ausgetausc­ht wer- den müssen.

Insgesamt macht Smart Gardening aus Henzes Sicht damit durchaus Sinn. Bei einzelnen Hersteller­n gebe es auch gute Ansätze, Fremdgerät­e mit einzubinde­n.„in dembereich muss sicher noch mehr passieren, da brauchen wir mehr breit aufgestell­te Apps“, sagt der Experte. Bei der Datensiche­rheit sieht Henze eher wenig Probleme. Generell können vernetzte Geräte im Haushalt natürlich Daten preisgeben. Viele Smart-gardening-systeme nutzen aber sogenannte Gateways, die über einen anderen Funkstanda­rd kommunizie­ren, das W-lan wird nur für die Programmie­rung benötigt. So sind die häuslichen Daten sicher. Beide Experten empfehlen aber bei der Einrichtun­g und Installati­on von Automaten die Hilfe von Fachleuten. Fast alle Hersteller würden sowohl „all-inclusive“- als auch „Do-it-yourself“-lösungen anbieten. Die Preise reichen dabei von einigen hundert bis zu mehreren tausend Euro.

Und die Entwicklun­g der smarten Technologi­en sei noch lange nicht am Ende, so Brown. „Die Hersteller denken bereits über weitere Innovation­en nach.“In der Garten- und Landschaft­spflege seien zukünftig neue Produkte zu erwarten, die verstärkt künstliche Intelligen­z, Vernetzung und Automatisi­erung einsetzen, etwa beim Erfassen von wichtigen Parametern für die Pflanzen oder bei derbewässe­rung. Henze empfiehlt aber, sich vor einer Entscheidu­ng für ein Smart-gardening-system die Frage zu stellen, ob die digitale Welt überall Einzug halten muss. Lieben doch viele Menschen die Arbeit im Garten gerade deshalb, weil sie dort selbst Hand anlegen und gestalten können – und nachherzen­slust imdreck wühlen.

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FOTOS: DPA Mähroboter sind in den vergangene­n Jahren intelligen­ter geworden, haben etwa an Steigfähig­keit gewonnen und sind teilweise mit GPS ausgestatt­et. Daher können sie besser durch Engstellen und verwinkelt­e Gärten navigieren. Und sie lassen sich per App steuern und mit anderen Geräten vernetzen.

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