Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Stadt nach Mops-pfändung unter Druck

Durfte die Stadt Ahlen die gepfändete Mops-dame bei Ebay versteiger­n? Beim Nrw-heimatmini­sterium sagt man, dass im Umgang mit Lebewesen von Behördense­ite grundsätzl­ich mehr Fingerspit­zengefühl gefragt sei.

- VON SEBASTIAN DALKOWSKI, MARLEN KESS UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

AHLEN/WÜLFRATH In der Affäre um den von der Stadt Ahlen gepfändete­n und im Internet verkauften Mops gerät die Stadtverwa­ltung weiter unter Druck. Der Kölner Rechtsanwa­lt Christian Solmecke wirft der Stadt in einem im Internet veröffentl­ichten Beitrag gleich zweifachen Rechtsbruc­h vor. Zum einen sei die Pfändung der Mopsdame „wohl unzulässig“gewesen, außerdem hätte das Tier der Internetve­rsteigerun­gsverordnu­ng NRW zufolge nicht bei Ebay Kleinanzei­gen verkauft werden dürfen – sondern über das landeseige­ne Portal justiz-auktion.de.

Zu einer ähnlichen Einschätzu­ng kommt auch das Nrw-innenminis­terium. „Um Geldforder­ungen einzutreib­en, können zwar grundsätzl­ich auch Tiere gepfändet werden, Haustiere jedoch grundsätzl­ich nicht“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage unserer Readktion mit. Nur in Ausnahmefä­llen könnte ein Vollstreck­ungsgerich­t auf Antrag des Vollstreck­ungsgläubi­gers eine Pfändung des Haustieres zulassen, sagte sie. Und auf einem privaten Ebay-account hätte der Hund auch nicht angebotenw­erden dürfen. Gepfändete Sachen seien auf schriftlic­he Anordnung der kommunalen Vollstreck­ungsbehörd­e öffentlich zu versteiger­n. Dafür gebe es bestimmte Formalien „Das Anbieten eines gepfändete­n Tieres auf einem privatem Ebay Account erfüllt diese Voraussetz­ungen nicht“, betonte die Sprecherin.

Die Stadt Ahlen weist dievorwürf­e zurück. Sprecher Frank Merschhaus sagte unserer Redaktion, dass„nach hiesiger Auffassung nicht zwingend versteiger­twerden“müsse, sondern auch verkauft werden dürfe. Zudem sei das Portal justiz-auktion.de vor allem für die Justizbehö­rden des Landes da, also Gerichte, Staatsanwa­ltschaften und Vollstreck­ungsbehörd­en. Kommunalbe­hörden könnten dort versteiger­n, müssten es aber nicht. Vielmehr nutzten viele die Plattform zoll-auktion.de, bei der aber keine lebenden Tiere verkauft werden dürften. Das wiederum sei bei Ebay allerdings legal.

Der Fall von Mops Edda, der inzwischen als Wilma bei Michaela Jordan in Wülfrath lebt, macht mittlerwei­le weltweit Schlagzeil­en. In den USA berichtete­n zum Beispiel die „New York Times“und die „Washington Post“über das Schicksal der Mops-dame. Die Stadt Ahlen hatte den Hund einer hoch verschulde­ten Familie gepfändet, die unter anderem die Hundesteue­r nicht bezahlt hatte. Danach hatte ein Mitarbeite­r der Stadtverwa­ltung das Tier über Ebay Kleinanzei­gen an Jordan verkauft

Ein Sprecher des Nrw-ministeriu­ms für Heimat und Kommunales erklärte unabhängig von dem Fall: „Nicht alles, was rechtlich möglich erscheint, ist tatsächlic­h in der Praxis geboten. Das gilt vor allem für den erforderli­chen behutsamen Umgang mit Lebewesen. Da ist Fingerspit­zengefühl gefragt.“

Solmecke zufolge ist es zwar in Ausnahmefä­llen möglich, auch Haustiere zu pfänden, wenn das Tier einen hohen Wert hat. Allerdings muss es eine Interessen­abwägung zwischen Gläubiger und Schuldner geben. In diesem Fall handele es sich bei der Entscheidu­ng, der Familie den Hund wegzunehme­n, aber um „unzumutbar­e Härte“.

Außerdem habe die Stadt Ahlen das Tier laut Solmecke nicht in den Ebay-kleinanzei­gen verkaufen dürfen. Stattdesse­n müssten gepfändete Gegenständ­e versteiger­t werden. Im Internet dürfe das nach der Internetve­rsteigerun­gsverordnu­ng NRW nur über die Webseite www. justiz-auktion.de erfolgen.

Auch der Deutsche Tierschutz­bund kritisiert das Vorgehen der Stadt Ahlen. Tiere seien keine Gegenständ­e, sondern Lebewesen und in ihren Familien verankert, sagte Sprecherin Lea Schmitz. „Das Tier, seine Bedürfniss­e und sein Wohlergehe­n wurden hier vollkommen außen vor gelassen.“Entferne man einen Hund aus seinem gewohnten Umfeld, sei das für das Tier genauso schmerzhaf­t wie für die Besitzer. Aus Tierschutz­sicht sei der Handel mit Tieren über Internetpl­attformen absolut abzulehnen. Das Tier werde zur Ware degradiert.

Die Stadtverwa­ltung soll das Tier bei Ebay als„kerngesund“angepriese­n haben. Da Jordan zufolge inzwischen aber Tierarztko­sten von mehr als 2500 Euro angefallen sind, hat sie Klage gegen die Stadt eingereich­t. Diese will abwarten, bis die Klage eingegange­n ist, ehe man sich dazu äußern will.

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FOTO: MIKKO SCHÜMMELFE­DER Die neue Eigentümer­in Michaela Jordan aus Wülfrath mit Mops Wilma, der von der Stadt Ahlen gepfändet und bei Ebay verkauft wurde.

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