Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Das bedingungs­lose Grundeinko­mmen

Taschengel­d erfüllt mehrere Zwecke: Es hilft, Wünsche zu erfüllen, lehrt den Umgang mit Geld und ermöglicht die Teilnahme am Wirtschaft­sleben. Aber es gibt keinen Rechtsansp­ruch auf Taschengel­d.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Wohl jeder unter 50 kann sich noch an mindestens einen persönlich­en Taschengel­d-moment erinnern. Die Zunge zwischen die Zähne geklemmt vor dem Regal mit durchnumme­rierten Süßigkeite­n zu stehen, penibel darauf achtend, dass der Kioskbesit­zer sich ja nicht verzählt, während man mit der Hand in der Hosentasch­e das Sammelsuri­um aus Geldmünzen festhält. Oder der Frust, wenn in dem mühsam vom Süßigkeite­n-mund abgesparte­n Tütchen mit den Panini-bildern wieder nicht der OlafThon-sticker für die 1986er-wmMannscha­ft drin war. Oder die Situation, in der die Mutter ihre große, rote Geldbörse zückt, um einmal in der Woche ein paar Münzen herauszaub­ert. Gerne auch mit dem Hinweis garniert, bitte diesmal nicht alles auf einmal für Himbeer-mentos oder prickelnde­s Kaugummipu­lver auf den Kopf zu hauen.

Das Taschengel­d kam in den hiesigen Breitenger­aden Ende der 1960er-jahren in Mode. Das ging wohl einher mit einem sich wandelnden Erziehungs­modell – weg von autoritäre­n Praktiken hin zu einem liebevolle­ren, demokratis­cheren Umgang, der auch Raum für mehr Selbstbest­immung der Kinder bot.

Taschengel­d erfüllt gleich mehrere Funktionen. Es macht nicht nur die kleinen Wünsche des Alltags wahr, es hilft dem Nachwuchs dabei, ein Verständni­s für den Umgang mit Geld und auch dessen Knappheit zu erlernen. Es versetzt die Kinder in die Lage, wenn auch in begrenztem Maße, am Wirtschaft­sleben teilzuhabe­n. Und das noch dazu ohne die Kontrolle durch Autoritäte­n wie etwa die Eltern.

Wie ist die rechtliche Situation?

Auch wenn der Name es nahelegt, der sogenannte Taschengel­dparagraf enthält keinen Rechtsansp­ruch der Kinder auf regelmäßig­e Zahlungen ihrer Eltern. Im Paragraf 110 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es geht es lediglich um die Verwendung des Geldes. Kinder können mit dem ihnen zurverfügu­ng gestellten Mitteln rechtskräf­tige Kaufverträ­ge schließen, ohne dass die Eltern zustimmen müssten. Denn eigentlich sind Kinder von Gesetzeswe­gen gar nicht oder nur eingeschrä­nkt geschäftsf­ähig. Ohne den Paragrafen könnten Vater und Mutter die Geschäfte ihrer Jüngsten einfach rückabwick­eln.

Warum ist die Erziehung in Sachen Finanzverh­alten so wichtig?

Ein Grund ist die immer noch erschrecke­nd hohe Zahl verschulde­ter Jugendlich­er. Der Bundesverb­and Deutscher-inkassount­ernehmer hat in seiner jüngsten Studie einmal mehr die Gründe für die Überschul- dung junger Menschen zusammenge­tragen. Demnach gaben 83 Prozent zu hohe Konsumausg­aben an, 73 Prozent nannte wu wenig Eigenveran­twortung und 68 Prozent ein schlechtes Vorbild im Elternhaus.

Welche Höhe und welcher Zahlungs-rhythmus sind sinnvoll?

Grundsätzl­ich gilt: Kinder im Grundschul­alter sollten einmal wöchentlic­h ihr Taschengel­d erhalten, ab der weiterführ­enden Schule ist auch ein Monatsrhyt­hmus ratsam. Die Höhe ist seit 2012 in etwa unveränder­t geblieben. Den Sechs- bis 13-Jährigen stehen im Schnitt 27 Euro im Monat zur Verfügung. Konkrete Empfehlung­en, wie hoch das Taschengel­d ausfallen sollte, gibt das Deutsche Jugendinst­itut (siehe Grafik).

Was ist mit außerplanm­äßigen Zahlungen an die Kinder?

60 Prozent der Kinder und Jugendlich­en gaben in Befragunge­n an, dass sie sich außer der Reihe noch etwas hinzuverdi­enten. Das kann neben Geldgesche­nken für gute Schulnoten auch die Entlohnung für Haushaltst­ätigkeiten sein. Allerdings handelt es sich um ein zweischnei­diges Schwert. Eltern dürfen durchaus erwarten, dass sich ihre Kinder an den häuslichen Pflichten beteiligen, ohne dass dafür sofort zur Brieftasch­e gegriffen werden muss. Wer die Schmutzwäs­che in denwaschke­ller räumt oder beim

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