Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Jugendliche wollen pädagogenfreie Zone
Stadtrat beschließt, einen zentral gelegenen selbst verwalteten Jugendraum zu prüfen. Jugendliche sind eingebunden.
DORMAGEN Es gibt acht Kinder- und Jugendzentren in Dormagen. Sie werden allesamt von verschiedenen Trägern organisiert und bieten durch sozialpädagogisch geschultes Personal viele unterschiedliche Programme an. Offenbar reicht das nicht. Denn: In der Ratssitzung am vergangenen Dienstag wurde deutlich, dass es wohl das Bedürfnis bei vielen Jugendlichen in der Stadt nach einer Räumlichkeit gibt, die einfach nur als Treffpunkt dient und wo sie ohne weitere Ansprache von Pädagogen bleiben. Politik und Stadt nehmen das auf und wollen das Thema im Unterausschuss Jugendhilfeplanung diskutieren, um eine Lösung zu finden.
In einem gemeinsamen Antrag haben sich Grüne, SPD und CDU mit der Bitte an die Verwaltung gewandt, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie ein selbst verwalteter Jugendraum geschaffen werden kann. Sie hatten als „Sachverständige“Amelie Wöstmann gebeten, in der zum Ratssaal umfunktionierten Kulturhalle vor Stadtverordneten und gleichaltrigen Teilnehmern des #lifehack-projektes zu erklären, worum es geht. Die 15 Jahre alte Schülerin des Bettina-von-arnim-gymnasiums formulierte als „Speerspitze“die Erwartung von vielen anderen Jugendlichen: „Wir wünschen uns ein selbst verwaltetes Jugendzentrum. Wir haben zu wenige Möglichkeiten, uns zu treffen.“Ihrer Aussage nach dienen Imbisse oder Cafés als Treffpunkt der 14- bis 18-Jährigen. „Für diese Altersgruppe gibt es nichts Passendes. Wir brauchen keinen Sozialarbeiter und kein von außen gestaltetes Pro- gramm und auch keine Hausaufgabenbetreuung.“Ein solcher Treffpunkt rein zum Chillen, wie Amelie Wöstmann sagte, sollte „zentral gelegen, für 14 bis 18-Jährige sein, die Öffnungszeiten täglich zwischen 17 und 22 Uhr liegen“.
Verwaltung und Ratsmitglieder verwiesen zunächst auf bestehende Angebote, die es quer über die Stadt verteilt gebe. Wie Jugend- und Sozialdezernent Robert Krumbein darlegte, wollen diese Einrichtungen der Freien Träger „sozialarbeiterisch wirken“und „Hilfsange- bote“für Kinder und Jugendliche machen. Sie bieten „im Schwerpunkt keine reinen Freizeitangebote ohne pädagogische Begleitung an“(Krumbein: „Nur chillen in der Einrichtung ist den Trägern zu wenig“) und stehen damit im Widerspruch zur Erwartungshaltung der vonwöstmann vertretenen Jugendlichen. „Wir sind eine eher andere Zielgruppe“, sagte sie.
Es dauerte eine Zeit lang, ehe die Diskussion lösungsorientiert wurde. Jo Deußen (CDU) fragte, welche Angebote denn überhaupt be- kannt seien? Michael Dries (SPD) wies auf offene Angebote hin, die es bis 2006 gegeben habe. Bürgermeister Erik Lierenfeld wies darauf hin, dass ganz „ohne Beobachtung die Dinge in einer Einrichtung auch mal nicht gut laufen könnten“. Martinvoigt (SPD) begrüßte denvorstoß der Jugendlichen und sagte in Richtung seiner Ratskollegen, das offenbar „jetzt“Interesse und Bedarf nach einem solchen unbegleiteten „Chill-jugendzentrum“bestehe. Er verdeutlichte auch, dass „nicht jeder Jugendliche eine spezielle Be- treuung braucht“. Marcus Glöder (Linke) war eindeutig für ein selbst verwaltetes Zentrum, „Jugendliche lernen Verantwortung durch Übernahme von Verantwortung“.
Mindestens zwei, eher mehr Jugendliche aus der„#lifehack“-gruppe sollen an den nun folgenden Gesprächen teilnehmen. Dort soll erörtert werden, ob und wie eine solche Jugendeinrichtung umgesetzt werden kann. Vielleicht im ehemaligen Hotel „Stadt Dormagen“– ein Vorschlag der Dormagener FDP.