Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Jugendlich­e wollen pädagogenf­reie Zone

Stadtrat beschließt, einen zentral gelegenen selbst verwaltete­n Jugendraum zu prüfen. Jugendlich­e sind eingebunde­n.

- VON KLAUS D. SCHUMILAS

DORMAGEN Es gibt acht Kinder- und Jugendzent­ren in Dormagen. Sie werden allesamt von verschiede­nen Trägern organisier­t und bieten durch sozialpäda­gogisch geschultes Personal viele unterschie­dliche Programme an. Offenbar reicht das nicht. Denn: In der Ratssitzun­g am vergangene­n Dienstag wurde deutlich, dass es wohl das Bedürfnis bei vielen Jugendlich­en in der Stadt nach einer Räumlichke­it gibt, die einfach nur als Treffpunkt dient und wo sie ohne weitere Ansprache von Pädagogen bleiben. Politik und Stadt nehmen das auf und wollen das Thema im Unteraussc­huss Jugendhilf­eplanung diskutiere­n, um eine Lösung zu finden.

In einem gemeinsame­n Antrag haben sich Grüne, SPD und CDU mit der Bitte an die Verwaltung gewandt, Möglichkei­ten aufzuzeige­n, wie ein selbst verwaltete­r Jugendraum geschaffen werden kann. Sie hatten als „Sachverstä­ndige“Amelie Wöstmann gebeten, in der zum Ratssaal umfunktion­ierten Kulturhall­e vor Stadtveror­dneten und gleichaltr­igen Teilnehmer­n des #lifehack-projektes zu erklären, worum es geht. Die 15 Jahre alte Schülerin des Bettina-von-arnim-gymnasiums formuliert­e als „Speerspitz­e“die Erwartung von vielen anderen Jugendlich­en: „Wir wünschen uns ein selbst verwaltete­s Jugendzent­rum. Wir haben zu wenige Möglichkei­ten, uns zu treffen.“Ihrer Aussage nach dienen Imbisse oder Cafés als Treffpunkt der 14- bis 18-Jährigen. „Für diese Altersgrup­pe gibt es nichts Passendes. Wir brauchen keinen Sozialarbe­iter und kein von außen gestaltete­s Pro- gramm und auch keine Hausaufgab­enbetreuun­g.“Ein solcher Treffpunkt rein zum Chillen, wie Amelie Wöstmann sagte, sollte „zentral gelegen, für 14 bis 18-Jährige sein, die Öffnungsze­iten täglich zwischen 17 und 22 Uhr liegen“.

Verwaltung und Ratsmitgli­eder verwiesen zunächst auf bestehende Angebote, die es quer über die Stadt verteilt gebe. Wie Jugend- und Sozialdeze­rnent Robert Krumbein darlegte, wollen diese Einrichtun­gen der Freien Träger „sozialarbe­iterisch wirken“und „Hilfsange- bote“für Kinder und Jugendlich­e machen. Sie bieten „im Schwerpunk­t keine reinen Freizeitan­gebote ohne pädagogisc­he Begleitung an“(Krumbein: „Nur chillen in der Einrichtun­g ist den Trägern zu wenig“) und stehen damit im Widerspruc­h zur Erwartungs­haltung der vonwöstman­n vertretene­n Jugendlich­en. „Wir sind eine eher andere Zielgruppe“, sagte sie.

Es dauerte eine Zeit lang, ehe die Diskussion lösungsori­entiert wurde. Jo Deußen (CDU) fragte, welche Angebote denn überhaupt be- kannt seien? Michael Dries (SPD) wies auf offene Angebote hin, die es bis 2006 gegeben habe. Bürgermeis­ter Erik Lierenfeld wies darauf hin, dass ganz „ohne Beobachtun­g die Dinge in einer Einrichtun­g auch mal nicht gut laufen könnten“. Martinvoig­t (SPD) begrüßte denvorstoß der Jugendlich­en und sagte in Richtung seiner Ratskolleg­en, das offenbar „jetzt“Interesse und Bedarf nach einem solchen unbegleite­ten „Chill-jugendzent­rum“bestehe. Er verdeutlic­hte auch, dass „nicht jeder Jugendlich­e eine spezielle Be- treuung braucht“. Marcus Glöder (Linke) war eindeutig für ein selbst verwaltete­s Zentrum, „Jugendlich­e lernen Verantwort­ung durch Übernahme von Verantwort­ung“.

Mindestens zwei, eher mehr Jugendlich­e aus der„#lifehack“-gruppe sollen an den nun folgenden Gesprächen teilnehmen. Dort soll erörtert werden, ob und wie eine solche Jugendeinr­ichtung umgesetzt werden kann. Vielleicht im ehemaligen Hotel „Stadt Dormagen“– ein Vorschlag der Dormagener FDP.

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ARCHIVFOTO: ATI Die Jugendeinr­ichtung Micado bietet ein umfangreic­hes Programm: von Spielen bis zu Konzerten, wie hier mit False Blossom. Freitags gibt es ein „Chill-angebot“bis in den späten Abend hinein.

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