Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Rosenmonta­g – stürmisch, aber jeck

Lange mussten die Narren warten, dann ging es los. Die Jecken in Düsseldorf und Köln hatten Glück, in anderen Teilen des Landes wütete das Sturmtief „Bennet“stärker. In Ochtrup starb ein Mann.

- VON MARTIN KESSLER

DÜSSELDORF/KÖLN/OCHTRUP Das Sturmtief „Bennet“hat die Pläne der Karnevalis­ten im Rheinland und im übrigen Deutschlan­d erheblich durcheinan­dergebrach­t. Der Stimmung in den Karnevalsh­ochburgen Köln, Düsseldorf und Mainz tat das aber nur wenig Abbruch. Dort fanden die Züge in einer etwas abgespeckt­en Version statt. In allen drei rheinische­n Städten fehlten die Pferde. Die Mottowagen, die oft in Monaten vorbereite­t wurden, durften am Ende aber doch mitfahren. In anderen Städten wurden die Karnevalsv­eranstaltu­ngen wegen des Sturms hingegen abgesagt.

In weiten Teilen Nordrhein-westfalens richtete der Sturm indes erhebliche Schäden an. In Ochtrup kam ein Mann zu Tode, als ein Baum auf seinen Wagen fiel. An mehreren Bahnstreck­en stürzten Bäume auf Oberleitun­gen und verursacht­en stundenlan­ge Streckensp­errungen. In Düsseldorf wurde sogar das Dach eines Mehrfamili­enhauses abgedeckt. In Aachen fiel ein Mann aus dem Fenster sieben Meter in die Tiefe, zwei Personen wurden dabei schwer verletzt.

Der Zug in der Landeshaup­tstadt startete trotz der Sturmwarnu­ngen – allerdings mit erhebliche­r Verspätung erst um 13.30 Uhr. Die Entscheidu­ng erwies sich im Nachhinein als goldrichti­g. Denn nach den orkanartig­en Böen am Vormittag war es am Nachmittag teilweise sogar heiter. In Düsseldorf gibt es die klare Regel, dass Freiluftve­ranstaltun­gen abwindstär­ke acht abgesagt werden müssen. Auch beim Kölner Zug gab es vom Wetter her keine ernsthafte­n Beeinträch­tigungen. Das närrische Treiben begann – wie in Köln üblich – um zehn Uhr morgens.vom Orkan blieben die Jecken weitgehend verschont. Die Organisato­ren gaben sich nach denwetter- kapriolen erleichter­t. Die stärksten Windböen wurden in Westfalen registrier­t, wo der Orkan in Haaren bei Paderborn mitwindstä­rke zehn seinen höchsten Wert erreichte.

Sarkastisc­h und bissig fielen wie eh und je die Motivwagen auf, wobei die Düsseldorf­er mit einigen Pappmasche­e-figuren wieder einmal den Vogel abschossen. So nahm der berühmte Düsseldorf­erwagenbau­er Jacques Tilly sowohl den Miss- brauchsska­ndal in der katholisch­en Kirche als auch das enge Verhältnis von Us-präsident Donald Trump zum saudischen Kronprinz Salman aufs Korn. Salman wird verdächtig­t, das Mordkomplo­tt gegen den saudischen Journalist­en Jamal Kashoggi in Auftrag gegeben zu haben. Im Zentrum der närrischen Kritik stand auch die umstritten­e AFD und ihr Rechtsauße­n Bernd Höcke, der als Baby von der einstigen Nazi-größe Joseph Goebbels in die Höhe gehoben wurde. In Köln konnte ein überdimens­ionierter Fisch Nemo in den Ozeanen nur noch Plastik als Nahrungsmi­ttel aufnehmen. In allen drei Zügen wurden auch die Dauerstrei­tereien der großen Koalition aufs Korn genommen.

Die Düsseldorf­er gingen von ungefähr 600.000 Besuchern beim Rosenmonta­gszug aus, in Mainz wurden rund 450.000 Jecken auf den Straßen gezählt. In Köln hieß es, der Zulauf sei höher als im vergangene­n Jahr gewesen, eine seriöse Schätzung sei aber unmöglich. Der Orkan hat offensicht­lich nur wenige vom Besuch abgehalten. Ob es stürme oder regne, sei letztlich aber auch egal, sagte der bekannte Fernsehmod­erator Kai Pflaume, der erstmals im Kölner Zug mitfuhr: „Köln feiert bei jedem Wetter.“(mit dpa) Nordrhein-westfalen

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FOTO: ANNE ORTHEN Der Wagen der Rheinische­n Post auf dem Düsseldorf­er Rathausmar­kt.
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FOTO: DPA FOTO: DPA Der Wagen des Düsseldorf­ers Jacques Tilly verhöhnt die Passivität der Kirche im Missbrauch­sskandal. Jacques Tilly zeigt den Thüringer Afd-politiker Björn Höcke als Baby der NS-GRÖße Joseph Goebbels.
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