Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die Party ins Museum holen
Doreen Mölders ist die neue Chefin des Lwl-museums für Archäologie in Herne.
HERNE Das Lwl-museum für Archäologie in Herne hat eine neue Leiterin: Doreen Mölders ist vor kurzem aus Chemnitz ins Ruhrgebiet gewechselt, also von einer ehemaligen Bergbauregion in die andere. Die 42-Jährige wirkt jugendlich, offen, tatkräftig, und sie hat einiges vor: Sie will die Clubszene aus Berlin und Leipzig ins Haus holen und für mehr Diversität auch unter den Mitarbeitern sorgen.
Von ihrem hellen Büro aus schaut Doreen Mölders über eine triste Dachterrasse auf das Herner Winter-mistwetter – und scheint doch ganz glücklich zu sein. „Archäologie studiert man auch wegen der Lust auf das Unterwegssein, der Lust auf Abenteuer. Aber ich war schon eher eine Schönwetter-gräberin“, sagt sie und lacht. Faszinierende Zeiten auf großen Ausgrabungsfeldern hat sie trotzdem hinter sich: In ihrer Studienzeit hatte Mölders das Glück, an Forschungsgrabungen auf dem französischen Mont Beuvray teilzunehmen. Hier lag Bibracte, eine Hauptstadt der Gallier, die Cäsars Römern die Stirn bieten wollten.
Ihre Leipziger Professorin Sabine Rieckhoff vermittelte Doreen Mölders, die aus einer klassischen Arbeiterfamilie stammt, wie man sich in Akademiker-kreisen verhält. Denn spätestens seit Didier Eribons Buch „Rückkehr nach Reims“, das sie be- geistert gelesen hat, weiß man, wie manifest Klassenschranken und soziale Codes in unserer Gesellschaft immer noch wirken. Nach der Promotion und wissenschaftlicher Mitarbeit an der Universität Leipzig fand sie als Kuratorin an das Staatliche Museum für Archäologie in Chemnitz und verliebte sich buchstäblich in diese neue Berufung. „Viele wissen gar nicht, welche komplizierten Vorgänge archäologischer Wissenschaft zugrundeliegen“, sagt sie. „Ich liebe die Vermittlung, liebe es, komplexe Forschung an die Leute zu bringen.“
Erst vor etwa 20 Jahren fing man damit an, Archäologie im Museum spannend in Szene zu setzen – und das 2003 gegründete Museum in Herne war ein Vorreiter: Die Besucher durchlaufen hier in einem Rundweg 250.000 Jahre Menschheitsgeschichte und stoßen dabei eher selten auf die klassische Vitrine mit Fundstücken. Der Museumsbesuch selbst wird zum entdeckungsreichen Abenteuer, bei dem man über Stock und Stein wandert, und am Ende in einer Art Wissenschaftslabor landet.
An der Dauerausstellung will Doreen Mölders nicht generell rütteln, die sei nach wie vor sehr gelungen und modern. Allerdings plant die Museums-chefin, sie durch digitale Angebote zu ergänzen, die der Besucher auf dem Smartphone abrufen kann.
Die neue Leiterin hat zudem schon einige Themen für Sonderausstellungen im Kopf, die nach der bereits gesetzten zum Thema„pest“stattfinden könnten – zum Beispiel „Identität“oder „Wirtschaft und Gesellschaft in der Ur- und Frühgeschichte“, vielleicht sogar aus historisch-materialistischem Blickwinkel.
Zum Jubiläum des 20-jährigen Bestehens des Archäologiemuseums – im Jahr 2023 – soll es zudem ein großes Veranstaltungsprogramm geben. Und einmal im Jahr will sie eine Technoparty im Sonderausstellungsraum veranstalten – „und das richtig gut machen, die Clubszene aus Berlin und Leipzig ins Haus holen“. Info Das Lwl-museum für Archäologie in Herne, Europaplatz 1, ist geöffnet: dienstags, mittwochs und freitags von 9 bis 17 Uhr, Ddonnerstags von 9 bis 19 Uhr; samstags, sonntags und feiertags von 11 bis 18 Uhr.