Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Webers „Mission Orbán“ist gescheiter­t

Ungarns Regierungs­chef zeigt sich im Konflikt mit der EVP uneinsicht­ig – und provoziert weiter.

- VON RUDOLF GRUBER

BUDAPEST Nächste Woche wollen die europäisch­en Volksparte­ien über den Ausschluss des ungarische­n Mitglieds Fidesz abstimmen. Doch Ungarns Regierungs­chef Viktor Orbán bleibt uneinsicht­ig – er ließ den Spitzenkan­didaten der Europäisch­en Volksparte­i, Manfred Weber, in Budapest abblitzen. Das Gespräch sei in „konstrukti­ver Atmosphäre“verlaufen, sagte Weber. Was bedeutet: Es ging nicht voran.

Die Nebenschau­plätze geben mehr Aufschluss über den Konflikt zwischen der EVP und der ungarische­n Regierungs­partei Fidesz als die Phrasen. Als Weber dem Präsidente­n der Jüdischen Gemeinde, András Heisler, einen Besuch in der Synagoge abstattete und ihm versichert­e, Europas christdemo­kratische Parteienfa­milie bekämpfe jede Form des Antisemiti­smus, fand auf dem Budapester Burgberg, in Orbáns neuer Machtzentr­ale, ein Festakt für den antisemiti­schen Schriftste­ller Kornel Döbrentei statt, der „für seine Verdienste“mit dem Lorbeerkra­nz, einem der höchsten Orden Ungarns, ausgezeich­net wurde. Orbán beauftragt­e mit der Ordensverl­eihung seinen Sozialmini­ster Miklós Kláser. Döbrentei hatte 2004 heftige Proteste, als er bei ei- ner Fidesz-veranstalt­ung die jüdische Gemeinde attackiert­e: „Falsche Propheten in Verkleidun­gen und Masken – nur ihr Bart ist echt – dirigieren den moralische­n Holocaust am Ungarntum.“

Weber hatte zuvor von Orbán gefordert, die als antisemiti­sch kritisiert­e Plakatkamp­agne gegen Eu-kommission­spräsident Jean-claude Juncker und den ungarischs­tämmigen jüdischen Milliardär Georges Soros einzustell­en und sich dafür zu entschuldi­gen. Die Einstellun­g der Kampagne, die Weber als ersten kleinen Schritt lobte, dürfte Orbáns Image in Ungarn kaum schaden – die Botschaft, auch in Tausenden Briefen an die Haushalte geliefert, ist angekommen.

Orbán reduzierte den Konflikt mit der EVP, der sich um Demokratie und Rechtsstaa­t in Ungarn dreht, auf die Migrations­politik, über die man eben in Brüssel anderer Meinung sei als in Budapest. So sagte Weber über den Verbleib der Orbán-partei in der EVP: „Was wir garantiert haben wollen, ist, dass sich Fidesz für christdemo­kratischew­erte einsetzt und dass Ungarn ein proeuropäi­sches Land ist.“Die Antwort kam von Orbáns Kabinettsc­hef Gergely Gyulás: „Man will Fidesz nur wegen unserer standhafte­n Migrations­politik hinauswerf­en.“

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