Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Eon bekräftigt Stellenabbau nach Innogy-deal
Innogy-finanzchef Bernhard Günther kehrt nach dem Säure-attentat in die Öffentlichkeit zurück. Großbritannien treibt Innogy in die roten Zahlen.
Essen Der Held des Tages war Bernhard Günther: Der Innogy-finanzvorstand trat erstmals nach dem Säure-attentat, das ihn vor einem Jahr schwer verletzt hatte, wieder in der Öffentlichkeit auf. Er trug zum Schutz der Augen eine dunkle Sonnenbrille und zum Schutz der Stirn eine schwarze Binde. Konzentriert wie stets erläuterte er die Bilanz des Essener Energiekonzerns. „Ich freue mich sehr, heute hier zu sein, das war vor einem Jahr alles andere als klar“, sagte der 52-Jährige.
Beim Joggen im heimatlichen Haan war Günther im März 2018 von zwei Unbekannten angegriffen und mit Säure überschüttet worden. Bis heute ist das Attentat nicht aufgeklärt, die Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen im Herbst vorerst eingestellt. Innogy hatte eine Belohnung von 80.000 Euro für Hinweise zur Aufklärung ausgesetzt.
In den Beruf ist Günther voll zurückgekehrt: erst zu Telefonkonferenzen, dann ins Unternehmen und nun in die Öffentlichkeit. Er ist für „Sunrise“zuständig, das wichtigste Projekt im Haus: Der Ökonom leitet auf Innogy-seite das Integrationsteam, das mit Eon die Details der Übernahme verhandelt. Vor einem Jahr hatten Eon und RWE vereinbart, dass sie die Rwe-tochter Innogy unter sich aufteilen: Eon bekommt das Netz- und Vertriebsgeschäft, RWE den Ökostrom und eine 17-Prozent-beteiligung an Eon.
Nun äußerten sich Innogy und Eon zur Zukunft des Großkonzerns mit seinen 75.000 Mitarbeitern. „Wir sind voll im Zeitplan“, sagte EonChef Johannes Teyssen.
Folgen für Mitarbeiter
Der Eon-chef bekräftigte:„wir wollen ab dem Jahr 2022 Synergien zwischen 600 und 800 Millionen Euro realisieren. Und wir bestätigen, dass wir bis zu 5000 Stellen abbauen.“Wie sich der Abbau auf die Standorte verteilt, werde weiter verhandelt. Es wird erwartet, dass es Essen als Sitz der Zentralen am stärksten trifft. Innogy-chef Uwe Tigges betonte: „Die Übernahme-ankündigung 2018 war ein Schock für die Mitarbeiter. Aber wir haben uns auf einen fairen Prozess geeinigt. Wir wollen so viel wie möglich von Innogy in die neue Eon einbringen. Dafür kämpfen wir.“
Teyssen betonte: „Wir werden an der Tradition festhalten, wesentlicheveränderungen einvernehmlich und sozialverträglich zu gestalten.“Betriebsbedingte Kündigungen sind nicht ausgeschlossen, sollen aber vermieden werden. Will Eon die eigenen Mitarbeiter bei Besetzungen im neuen Konzern bevorzugen? Das sei nicht geplant, so Teyssen. „Willst du in das Himmelreich, behandle alle Kinder gleich“, zitiert er seine Mutter. Aber natürlich solle der Konzern effizienter werden.
Folgen für Verbraucher
Derzeit prüft die Eu-kommission den Innogy-deal – und zwar im Rahmen einer vertieften Untersuchung, um zu vermeiden, dass der Energieriese irgendwo in Europa die Strompreise diktieren kann.wettbewerber wie derökostromanbieter Lichtblick sehen die neue Marktmacht kritisch. Teyssen winkt ab: Der Wettbewerb sei nicht gefährdet, im deutschen Markt liege der Marktanteil nach der Übernahme bei 20 Prozent. Die Kritik der Wettbewerber sei nicht nachvollziehbar. „Wir sind zuversichtlich, dass wir die erforderlichen Genehmigungen in der zweiten Jahreshälfte erhalten.“Bis zum Jahresende soll der Deal abgeschlossen sein.
Folgen für Aktionäre
RWE verkauft seinen 77-prozentigen Innogy-anteil an Eon, weitere Aktionäre haben Eon ihre Anteile angedient. Damit kann Eon nun mit gut 86 Prozent rechnen. Was Eon mit den verbleibenden Innogy-aktionären macht, ist noch offen: Ein Herausdrängen (Squeeze Out) sei ebenso denkbar wie ein Beherrschungsvertrag, so Eon. Damit die Eon-aktionäre nicht unruhig werden, stellt Eon ihnen ungewöhnlich früh steigende Dividenden in Aussicht. Für 2018 soll es 43 Cent je Aktie geben. Für 2019 verspricht Eon schon jetzt 46 Cent. So sollen die Aktionäre bei Laune gehalten werden.
Innogy dagegen will seine Dividende für 2018 von 1,60 auf 1,40 Euro senken. Auch Großaktionär RWE soll dann nur noch rund 600 Millionen Euro erhalten. Die Bilanz von Innogy fiel wegen Großbitannien trübe aus.
Britischer Patient
Seit Jahren laufen Innogy die Kunden in Großbritannien davon. Nun will Innogy hier nochmals 900 der 6000 Jobs abbauen, seit 2012 wurden bereits 4000 Jobs gestrichen. Ende 2018 war dietrennung von der Krisentochter Npower gescheitert, nun muss Innogy sie wieder voll bilanzieren und fast ganz abschreiben. Auch das hat Innogy in die roten Zahlen getrieben: 2018 fuhr Innogy unterm Strich einen Verlust von 653 Millionen Euro ein (nach 778 Millionen Euro Gewinn im Vorjahr). Auch im operativen Geschäft lief es schlechter, beim Ökostrom und Vertrieb brach der Gewinn ein. Nur die staatlich regulierten Netze lieferten.
Ob Teyssen die hässlich-rote britische Tochter abstößt, ließ er offen. Erst könnte sie ihm noch Ärger bei derkartellfreigabe des Innogy-deals machen: Eine Freigabe aus Brüssel könnte nach einem No-deal-brexit nicht mehr für Großbritannien gelten. Daher verhandelt Eon bereits parallel mit der britischen Kartellaufsicht CMA. Die Insel bringt auch Eon selbst kein Glück: Auch Eon hat hier 100.000 Kunden verloren. Wegen der Probleme gaben die Aktien von Eon und Innogy nach. Eon-bilanz Der Konzern steht nach Jahren mit Abschreibungen auf seine Kraftwerke und Brasilien-abenteuer wieder gut dar. Eon machte 2018 einen Konzernüberschuss von 3,5 Milliarden Euro (nach 4,2 Milliarden Euro im Vorjahr). Wie der Eon-vorstand künftig aussieht, ließ Teyssen offen. Das sei Sache des Aufsichtsrates, und der habe immerhin klargestellt, dass er, Teyssen, bis zu seinem Vertragsende an Bord bleibe. Und das ist Ende 2021.