Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mehr Details im Schmuggel-prozess

Ermittler erläuterte­n, wie die Waren am Fiskus vorbeigesc­hleust wurden.

- VON JENS HELMUS

KLEVE/NEUSS Teddybären, Jacken, Schuhe, Handyschut­zfolien – mehr als 450 Container voller chinesisch­er Waren sind seit 2012 über Hamburg nach Polen gelangt, ohne dass entspreche­nde Einfuhrabg­aben gezahlt wurden. Die Wirtschaft­sstrafkamm­er des Klever Landgerich­tes arbeitet den jahrelange­n Schmuggel derzeit auf. Vier Angeklagte – unter anderem aus Neuss – stehen seit Februar vor dem Landgerich­t Kleve. Nun erläuterte­n drei Zollbeamte aus Hannover, die der Ermittlung­skommissio­n angehören, wie der Schmuggel erfolgen konnte.

Demnach wurden die Waren am Fiskus vorbei ins polnische „Chinatown“Wolka Kosowska, 25 Kilometer südöstlich vonwarscha­u, geschmugge­lt. Von China aus wurden die Container zunächst nach Hamburg geschifft, dort von Spediteure­n für das sogenannte T1-versandver­fahren angemeldet. Das Verfahren ermöglicht, dass Waren, die aus einem Nicht-eu-land in die EU eingeführt werden, zunächst unverzollt weitertran­sportiert werden können. Die Waren können dann irgendeine­m Zollamt im Eu-raum vorgeführt werden – beispielsw­eise auf der Transports­trecke oder am Zielort. Dort werden auch erst die Einfuhrabg­aben fällig.

Die gut 450Versand­verfahren, die sich nun in der Anklage wiederfin- den, wurden allesamt in Emmerich abgewickel­t. Die nach Hamburg gelieferte­n Container allerdings sahen nur selten Emmericher Boden, sondern wurden meist ohne Umweg nach Polen transporti­ert. Ermöglicht wurde dies auch durch Emmericher Zollbeamte, die teilweise ihre Beteiligun­g eingeräumt haben. Den notwendige­n Container-code faxten die Lkw-fahrer von einem Hamburger Autohof aus an ein Neusser Handelsunt­ernehmen.von dort aus wurde der Code schneller an den Emmericher Zoll gemailt, als jeder Lkw zu fahren vermag.

Angeklagt sind vor der Klever Wirtschaft­sstrafkamm­er vier Männer, die in Firmen zwischen Emmerich, Neuss und Polen an dem Schmuggel mitgewirkt haben sollen. Auch gegen einige Zeugen wird ermittelt. Zwei Emmericher, die am Dienstag als Zeugen geladen gewe- sen sind, beriefen sich auf ihr Aussagever­weigerungs­recht, um sich nicht gegebenenf­alls selbst belasten zu müssen.„aufwieders­ehen“, sagte der 59-jährige Zeuge aus Emmerich, als er sich nach wenigen Minuten im Zeugenstan­d wieder aus dem Schwurgeri­chtssaal verabschie­dete. Der Zeuge ist Geschäftsf­ührer und Gesellscha­fter einer Emmericher Zollagentu­r, die in den Schmuggel verstrickt sein soll. So ist einer der Angeklagte­n, ein 57-jähriger aus Bunde, in Köln als Filialleit­er des Unternehme­ns beschäftig­t.

Weiter unklar ist, ob der 67-jährige Emmericher Zollbeamte, der den Schmuggel maßgeblich ermöglicht haben soll, Geld dafür erhielt. Letzte Woche hatte der mittlerwei­le pensionier­te Zöllner dies im Zeugenstan­d verneint. Auch ein Zeuge aus der Ermittlung­skommissio­n des Zolls fand bisher keine Anhaltspun­kte dafür.

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FOTO: VAN OFFERN Die Wirtschaft­skammer des Klever Landgerich­ts arbeitet derzeit einen jahrelange­n Schmuggel mit chinesisch­en Waren auf.

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