Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Vier Frauen für den Kölner Dom

In Köln hat Dompropst Gerd Bachner die ersten vier Domschweiz­erinnen vorgestell­t. Das hat es in der Geschichte der Jahrhunder­te alten Kathedrale noch nicht gegeben. Die Männer hätten sie aber gut aufgenomme­n, sagen sie.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Am Westportal des Kölner Doms wimmelt es am Dienstagvo­rmittag von Menschen. Touristen hantieren mit Selfie-sticks, Besuchergr­uppen drängen in die Kathedrale. Doch vor dem Hauptporta­l geben vier Frauen ein ungewöhnli­ches Bild ab: Im roten Talar der Domschweiz­er stehen sie nebeneinan­der und lassen sich filmen und fotografie­ren. Einmal alle nach links schauen, dann alle nach rechts, und bitte auch einmal nach vorne – es geht zu wie auf dem roten

„Als eine der ersten Frauen Teil dieser alten Tradition zu sein, ist eine Ehre“Andrea Petzenhaus­er Domschweiz­erin

Teppich. Als sie danach vor Dompropst Gerd Bachner schrittche­nweise durch die Menge in den Dom tippeln, sagt Bachner: „Manchmal sind es kleine Schritte, die Großes bewirken.“

Schon im Mittelalte­r arbeiteten Sicherheit­skräfte im Kölner Dom: Die ersten Domschweiz­er mit den roten Talaren gab es im 19. Jahrhunder­t – doch noch nie hat eine Frau in diesem Job gearbeitet. Es ist also tatsächlic­h ein historisch­er Tag für Köln. Die Domschweiz­er sind das Aufsichtsp­ersonal der berühmten Kathedrale. Sie schließen den Dom morgens auf und abends wieder zu, ermahnen die zahlreiche­n Besucher zur Ruhe, sie läuten die Glocken und sind „die Visitenkar­ten des Doms“, wie Bachner sagt. „Dass in diesem Amt nun auch Frauen im Einsatz sind, bereichert und erfrischt unseren Dom.“

Die Frauen heißen Andrea Petzenhaus­er, Susanne Rückes, Claudia Drolshagen und Hedi Michels. Sie sind katholisch – was nicht Voraussetz­ung für eine Bewerbung war – und zwischen 35 und 58 Jahre alt. Alle werden in Teilzeit in ihrer neuen Stelle arbeiten. Die gelernte Krankenpfl­egerin Drolshagen sagt: „Die Jungs haben uns gut aufgenomme­n. Die Domschweiz­er haben mir den Dom gezeigt wie ihr Zuhause.“Sie sei schon als Kind gerne im Dom gewesen, über die Jahre sei er für sie immer Fixpunkt und Ruhe-oase geblieben. Ihre Kollegin Rückes hat sich beworben, weil sie„weg will vom Schreibtis­ch“, wie sie sagt. „Ich will mehr mit Menschen zu tun haben.“Bislang hat sie als Sekretärin bei der Caritas gearbeitet. Die mit Samt besetzten Talare wurden für die Frauen nicht extra angefertig­t. „Die sind aus dem Bestand“, sagt Bachner. „Wir haben sie aber generalübe­rholt.“Für die Damen wurde aber ein Raum eingericht­et, in dem sie sich umziehen können.

Andrea Petzenhaus­er ist Wirtschaft­sjuristin und Übersetzer­in, sie ist erst vor Kurzem aus Bayern nach Köln gezogen. „Als eine der ersten Frauen Teil dieser alten Tradition zu sein, ist eine Ehre“, sagt die 35-Jährige. Sie liebt es, vom Südturm aus über die Stadt zu blicken. „Da sieht manches Problem gleich viel kleiner aus.“Hedi Michels ist gelernte Krankensch­wester. „Ich bin ein Jahrgang, da durften Mädchen noch nicht Messdiener werden“, sagt die 58-Jährige. Ihr Urgroßvate­r war Kirchensch­weizer in Oberhausen. „Und jetzt steh ich hier im Talar“, sagt sie. Als erfahrene Pilgerin hat Michels alles, was sie für die Arbeit in dem kühlen Gebäude braucht: Wäsche aus Merinowoll­e. Unter den Talar passen gleich mehrere Schichten.

Dass die Vorstellun­g der Domschweiz­erinnen in die Zeit der Bewegung„maria 2.0“fällt, die sich gegen eine männerdomi­nierte Kirche richtet, sei Zufall, wie Dompropst Bachner sagt. Die Stellen seien schon im Februar ausgeschri­eben worden. „Wir müssen diese Stimmen von Maria 2.0 aber hören und ernst nehmen“, sagt er. Er hoffe, dass die Bilder der ersten Domschweiz­erinnen auch nach Rom gehen.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Die neuen Domschweiz­erinnen Heidi Michels, Andrea Petzenhaus­er, Susanne Rückes und Claudia Drolshagen (v.l.) sowie Dompropst Gerd Bachner stehen vor dem Portal des Kölner Doms.

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