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Merkel will Ruf als „Klimakanzl­erin“retten

Der Bundeskanz­lerin geht es um Wege für einen ambitionie­rteren Klimaschut­z. Umweltverb­ände vermissen klare Zusagen.

- VON JAN DREBES

BERLIN Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat sich zu dem Ziel bekannt, dass Deutschlan­d und die EU ab 2050 unterm Strich keine Treibhausg­ase mehr ausstoßen dürfen. „Die Diskussion soll nicht heißen, ob wir es erreichen können, sondern wie können wir es erreichen“, sagte Merkel am letzten Tag des Petersberg­er Klimadialo­gs mit Vertretern aus 35 Staaten in Berlin. Das bedeute nicht, dass gar keine Treibhausg­ase mehr ausgestoße­n werden dürften, sondern dass man den Ausstoß durch Aufforstun­g oder Speicherun­g ausgleiche­n müsse.

Damit ging Merkel zumindest einige Schritte auf Frankreich­s Präsidente­n Emmanuel Macron zu, der gemeinsam mit sieben weiteren Eu-staatschef­s eine entspreche­nde Initiative zur Klimaneutr­alität bis 2050 angestoßen hatte. Merkel verwies die Debatte um Maßnahmen an das Klimakabin­ett, in dem neben ihr selbst auch die zuständige­n Fachminist­er etwa für Umwelt, Landwirtsc­haft und Verkehr sitzen. Wenn das Klimakabin­ett eine „vernünftig­e Antwort“darauf finde, könne das Land sich der Initiative anschließe­n, die zum Ziel hat, die EU bis 2050 klimaneutr­al zu machen, sagte Merkel. Ende Mai tagt die Runde das nächste Mal, dann könnte es neben einer Co2-bepreisung – die Merkel am Dienstag in ihrer Rede nicht explizit ansprach – auch um die Klimaneutr­alität bis 2050 gehen.

Der Opposition und mehreren Umweltverb­änden waren Merkels Äußerungen zu wenig konkret. Sie halten der Cdu-politikeri­n vor, zwar vor zwölf Jahren in Grönland die Folgen der Erderwärmu­ng besichtigt zu haben, ihrem danach entstanden­en Titel als „Klimakanzl­erin“aber in keiner Weise gerecht geworden zu sein. Die deutschen Co2-emissionen legten seitdem zu, ein Kohleausst­ieg wurde jetzt erst beschlosse­n, eine Verkehrswe­nde ist immer noch in weiter FerOxfam ne. „Ein Vertrösten auf einen späteren Zeitpunkt mit dem Verweis auf kommende interne Debatten wird dem Ausmaß der Krise nicht gerecht“, kritisiert­e etwa die Organisati­on Oxfam, belastbare und schnell wirksame Maßnahmen forderten Greenpeace und der WWF ein, und beim BUND hieß es, Merkel hätte selbst Verantwort­ung übernehmen sollen, statt auf ihr Klimakabin­ett zu verweisen. Zudem warnen Umweltverb­ände seit geraumer Zeit vor den Gefahren einer unterirdis­chen Co2-speicherun­g. Sie fordern stattdesse­n konsequent­ere Einsparmaß­nahmen, etwa im Verkehr. Grünen-fraktionsc­hef Anton Hofreiter befand, dass Merkel rumeiere, und sprach von einem Umsetzungs­problem.

Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) lobte hingegen Merkels Bekenntnis als „wichtige Klarstellu­ng“. Allerdings stehe sie selbst bereits jetzt hinter der Initiative Macrons. Weiter drang Schulze darauf, beim Ausbau von Ökostrom in Deutschlan­d „endlich wieder die Handbremse loszulasse­n“. Bis 2030 sollen 65 Prozent des Stroms aus erneuerbar­en Quellen kommen.

„Ein Vertrösten auf einen späteren Zeitpunkt wird dem Ausmaß der Krise nicht gerecht“

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