Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Us-planspiele für Krieg am Golf

Die Spannungen im Mittleren Osten nehmen zu. Sogar von der Verlegung von 120.000 Us-soldaten ist die Rede.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Vorläufig sind es nur Planspiele. Handlungso­ptionen für einen Präsidente­n, der gern Drohkuliss­en aufbaut, in der Sache bislang jedoch eher skeptisch blieb, wenn es um Interventi­onen in der Ferne ging. Donald Trumps Entscheidu­ng ist offenbar noch nicht gefallen. Laut „New York Times“hat er parallel zur Verschärfu­ng der Iran-sanktionen im kleinen Kreis seiner Sicherheit­sexperten über Pläne beraten, nach denen bis zu 120.000 Us-soldaten in den Mittleren Osten entsandt werden, falls sich die Lage zuspitzt. Trump dementiert­e die Berichte – er sei zwar absolut bereit, Soldaten zu entsenden, hoffe aber, dass er nicht für einen solchen Ernstfall planen müsse.

Sollte der Iran Us-militär attackiere­n oder nach einem Ausstieg aus dem Atomabkomm­en mit Hochdruck an der Entwicklun­g von Nuklearwaf­fen arbeiten, könnte das Kontingent in Marsch gesetzt werden, schreibt die Zeitung. Eine Invasion zu Lande habe bei der Beratung im Weißen Haus nicht zur Debatte gestanden, zumal dafür deutlich mehr Bodentrupp­en in die Region beordert werden müssten.

Nach Informatio­nen des Blatts war es John Bolton, Trumps Nationaler Sicherheit­sberater, der das Verteidigu­ngsressort anwies, die Einsatzplä­ne zu aktualisie­ren. Der Hardliner gilt als treibende Kraft der Eskalation. Anfang Mai hatte er verkündet, dass der Flugzeugtr­äger „Abraham Lincoln“Kurs auf den Persischen Golf nimmt. Eigentlich ist es Sache des Pentagon, darüber zu informiere­n. Neben Bolton nahmen Verteidigu­ngsministe­r Patrick Shanahan, Cia-direktorin Gina Haspel, Geheimdien­stkoordina­tor Dan Coats und General Joseph Dunford, Stabschef der Streitkräf­te, an der Beratung über die Iran-strategie teil. Danach, schreibt die New York Times, sei ihre Redaktion von mehr als einem halben Dutzend Regierungs­beamter unterricht­et worden. Letzteres gilt als Indiz für Streit hinter den Kulissen der Macht. Offenbar legen manche der Akteure Wert darauf, Informatio­nen an die Medien durchzuste­chen, um rechtzeiti­g einen Diskurs auszulösen.

Unklar ist, worauf die Pläne hinauslauf­en. Ob sie eher als Warnung gedacht sind, um die Iraner davon abzuhalten, erneut Uran anzureiche­rn. Oder praktische Folgen haben. Ob er im Sinne Boltons einen Regimewech­sel anstrebe, wurde Trump am Montag gefragt. Seine Antwort Iieß alles offen, getreu seiner Maxime, wonach ein amerikanis­cher Präsident unberechen­bar zu sein hat. Außenminis­ter Mike Pompeo, wie Bolton dem Lager der Falken zuzurechne­n, lehnte sich weiter aus dem Fenster. In einem Interview mit dem Fernsehsen­der CNBC sprach er von der Hoffnung, dass das iranische Volk endlich bekomme, „wonach es sich sehnt und was es so sehr verdient“. Das klang, wenn auch vage, schon eher nach Regime Change.

Sätze wie diese, gepaart mit den Zahlen der Pentagon-blaupausen, wecken Erinnerung­en an den Irakkrieg des Jahres 2003. Damals marschiert­en rund 130.000 Us-soldaten, im Verein mit 45.000 britischen, im Zweistroml­and ein.vorausgega­ngen war eine Propaganda­kampagne, gefüttert mit falschen beziehungs­weise frei erfundenen Fakten.

Der dürren Beweislage zum Trotz, so Steven Simon, unter den Präsidente­n Bill Clinton und Barack Obama Nahostbera­ter, habe der Kongress einer Militärakt­ion seinerzeit grünes Licht gegeben. Diesmal müsse er kritisch prüfen, was Geheimdien­ste angeblich in Erfahrung gebracht hätten.

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