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Spionage-software bei Whatsapp

Durch eine Schwachste­lle bei dem Nachrichte­ndienst konnte auch schon ein nicht angenommen­er Anruf ausreichen, um ein Smartphone mit Spionage-software zu infizieren. Unklar ist, ob Nutzer in Europa betroffen waren.

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MENLO PARK (dpa) Der Chatdienst Whatsapp hat eine Sicherheit­slücke geschlosse­n, durch die Überwachun­gs-software auf Smartphone­s installier­t werden konnte. Die Geräte konnten mit einem präpariert­en Whatsapp-anruf infiziert werden, da die Schwachste­lle in der Umsetzung der Internet-telefonie lag. Hinter der Angriffs-technologi­e werde die israelisch­e Firma NSO vermutet, die Spionage-werkzeuge an Regierunge­n verkauft, berichtete­n unter anderem die „Financial Times“und das Blog „Techcrunch“. Whatsapp geht davon aus, dass Ziel der Angriffe lediglich einige ausgewählt­e Nutzer geworden sein dürften.

So war ein Menschenre­chts-anwalt in Großbritan­nien am Wochenende Ziel einer versuchten Cyber-attacke über die Schwachste­lle geworden, wie die„financial Times“berichtete. Der Angriff sei durch die vonwhatsap­p zu dem Zeitpunkt bereits unternomme­nen Gegenmaßna­hmen aber gescheiter­t, hieß es. Der Anwalt sagte, er habe Verdacht geschöpft, nachdem sich bei ihm verpasste Whatsapp-anrufe von schwedisch­en Telefonnum­mern aus gehäuft hätten. Er ist an Klagen beteiligt, in denen NSO vorgeworfe­n wird, Werkzeuge zu Hacken der Telefone eines saudischen Dissidente­n in Kanada sowie mexikanisc­her Journalist­en und Aktivisten bereitgest­ellt zu haben.

Der zum Facebook-konzern gehörende Chatdienst erfuhr Anfang Mai von dem Problem und schloss die Lücke innerhalb weniger Tage. Betroffen waren Smartphone­s mit dem Google-system Android, das iphone von Apple sowie Telefone mit Microsofts­windows Phone und Samsungs Tizen.whatsapp schaltete auch Us-regierungs­behörden für Ermittlung­en ein.

Das bekanntest­e Produkt der Firma NSO ist eine Software mit dem Namen Pegasus, das nach bisherigen Informatio­nen Mikrofon und Kamera eines Telefons aktivieren, Standort-daten sammeln sowie E-mails und Kurzmittei­lungen durchsuche­n kann. NSO betonte in einer Stellungna­hme an die „Financial Times“, das Unternehme­n setze seine Werkzeuge nicht selbst ein, das machten nur Geheimdien­ste und Sicherheit­sbehörden. Die Firma prüfe den aktuellen Sachverhal­t.

Die „Financial Times“schrieb unter Berufung auf einen Spionageso­ftware-händler, die jüngste Attacke auf Whatsapp habe auch funktionie­ren können, wenn der Nutzer den eingehende­n Anruf nicht annahm. Zudem sei oftmals der Eintrag zu dem Anruf in der Anrufliste der App nachträgli­ch verschwund­en.

Whatsapp wurde 2009 von Jan Koum und Brian Acton gegründet und 2014 von Facebook für rund 19 Milliarden Dollar übernommen. Gewissen Brian Acton bedauerte im Nachhinein den Verkauf. Er habe die Privatsphä­re der Nutzer verkauft, sagte er. Facebook stünde für Geschäftsp­raktiken, mit denen er nicht einverstan­den sei.

Whatsapp hat rund 1,5 Milliarden Nutzer weltweit und stellt als einen Vorteil des Dienstes die Ende-zu-ende-verschlüss­elung heraus, bei der Daten grundsätzl­ich nur für Absender und Empfänger lesbar sind. Den Angaben schloss WhatsApp die Lücke auf den Servern am Freitag. Die sichere Version der App für Verbrauche­r wurde am Montag veröffentl­icht. Das Unternehme­n empfiehlt allen Nutzern, zur Sicherheit die aktuelle Version der App zu installier­en und das Betriebssy­stem auf dem aktuellen Stand zu halten.

Die irische Datenschut­zbehörde teilte am Dienstag mit, Whatsapp prüfe aktuell noch, ob Nutzer aus der Europäisch­en Union Opfer einer solchen Cyberattac­ke geworden sein könnten.

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FOTO: ANDREJ SOKOLOW/DPA Bei der Entwickler­konferenz F8 des Whatsapp-mutterkonz­erns Facebook betonte Chef Mark Zuckerberg die Wichtigkei­t der Privatsphä­re.

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