Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Alexandra wer?
Der deutsche Frauenfußball will nicht mehr nur Anhängsel sein und kämpft um mehr Anerkennung.
FRANKFURT/M. Um die Entwicklung im deutschen Frauenfußball zu beschreiben, wird gerne die alte Geschichte vom Kaffeeservice aufgewärmt. 1989, als die Auswahl des Deutschen Fußball-bundes (DFB) zum ersten Mal den Em-titel gewinnt, dürfen sie als Amateure keine finanzielle Prämie bekommen. Beim DFB will man aber dennoch seinewertschätzung zum Ausdruck bringen – und schenkt den Spielerinnen stattdessen ein Kaffeeservice von Villeroy & Boch, stattliche 41 Teile mit blauen, gelben und roten Blümchen verziert.
Die Funktionäre waren mit sich sehr zufrieden, viele der damals beschenkten Damen, darunter zum Beispiel die spätere Bundestrainerin Silvia Neid, rümpfen noch heute die Nase, wenn sie auf diese Episode angesprochen werden. Es war irgendwie nett gemeint und irgendwie auch schrecklich peinlich. Und selbst Villeroy & Boch war das alles irgendwann unangenehm, weshalb das Unternehmen als Prämie zur WM 2011 versprach, jeder Spielerin erneut ein Service zu spendieren. Diesmal nur ganz ohne Blümchen-motive und unabhängig vom Abschneiden. Deutschland schied bereits im Viertelfinale aus – und es ist nicht überliefert, wie viele das Angebot in Anspruch genommen haben.
In knapp dreiwochen beginnt die Fußball-wm der Frauen. Bundestrainerin Martina Voss-tecklenburg hat am Dienstag ihren Kader für das Turnier in Frankreich bekanntgegeben. Weil der Frauen-fußball in Deutschland aber noch immer im Schatten der Männer steht, muss das Team um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit kämpfen. Die soll unter anderem mit einem Werbespot von Hauptsponsor Commerzbank erreicht werden. In dem Clip wird mit Klischees gespielt und mit kämpferischen Ansagen der Spielerinnen provoziert. Sie fragen„weißt du eigentlich, wie ich heiße?“oder „Dass wir drei Europameister-titel haben weißt du schon, oder? Nicht? Stimmt, es waren ja auch acht Mal.“„Wir spielen für eine Nation, die unsere Namen nicht kennt“, heißt es in dem Spot. Er soll die Fans ganz offensichtlich bei ihrer Ehre packen und gleichzeitig neugierig machen auf das Team.
Angelehnt an das Video mit dem Männer-team des DFB für die EM 2016 in Frankreich treten die Frauen in Hoodies auf, auch die Musik ist ähnlich. Die Bank lässt von Vorurteilen geprägte Kommentare aus den sozialen Medien über das Frauen-team einblenden. Darunter: „Frauen gehören in die Waschküche“. Dazu werden Bilder gezeigt, wie die Spielerinnen ihre Trikots in den Korb des Zeugwartes werfen. „Seit es uns gibt, treten wir nicht nur gegen Gegner an, sondern gegen Vorurteile.“
Mit denen will der DFB nun endgültig aufräumen. Der Werbespot soll ein erster Schritt dahin sein. Sie zeigen sich geschminkt, sexy und eben selbstbewusst und kämpferisch. Sie zeigen ihre weibliche Seite und gleichzeitig, dass sie auf dem Platz, im Training, im Kampf mit sich selbst nicht anders sind als ihre männlichen Kollegen. Tatsächlich hat der Verband allerdings auch selbst noch deutlich Ausbaupotential in diesem Bereich.