Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Das „Jüchen bunt“-familienfe­st soll politische­r werden

- VON GUNDHILD TILLMANNS

JÜCHEN Wenn am kommenden Sonntag das „Jüchen bunt“-familienfe­st an der Gesamtschu­le steigt, dann passt der Zeitpunkt nicht nur vortreffli­ch zur anstehende­n Europawahl. „Das Fest soll generell politische­r werden“, sagt Andre Bamberg, einer der beiden neuen Vorsitzend­en des Stadtjugen­dringes. Er hatte das Kz-projekt des evangelisc­hen Jugendtref­fs und des Jugendcafé­s B@mm betreut, das auf dem Fest präsentier­t wird. „Wir haben bemerkt, dass es auch in Jüchen rechtspopu­listische Strömungen gibt und wollen dem aktiv entgegenwi­rken“, betont Bamberg. So sei der Entschluss gereift, das Familienfe­st politische­r zu machen. „Wir wollen Zeichen setzen, den Dialog anbieten und die Wählergene­rationen von morgen ansprechen, damit Jüchen bunt bleibt und nicht rechtsradi­kal-braun wird“, verdeutlic­ht Bamberg.

So werden neben den bekannten Akteuren wie den tamilische­n, türkischen und russischen Freundeskr­eisen, der Integratio­nsstelle der Stadt, den ehrenamtli­chen Flüchtling­shelferorg­anisatione­n auch die Jugendlich­en aus dem Kz-projekt mit Präsentati­onen bei Jüchen bunt mitmachen. Sie werden an einem Stand über die Erfahrunge­n und Erlebnisse der Kz-reise berichten und einen Radiobeitr­ag mit Fotos auf die Bühne bringen, um die Reise zu dokumentie­ren. Und ein Folgeproje­kt sei bereits geplant, verrät Bamberg. Dann soll es auf den Spuren auch der in Jüchen angekommen­en Flüchtling­e in ein noch nicht bestimmtes Land an den Grenzen Europas gehen. „Wir möchten die politische Bildung der jungen Menschen fördern“, sagt Andre Bamberg.

19 Jugendlich­e aus dem B@mm in Hochneukir­ch und aus den Gruppen der evangelisc­hen Hofkirchen­gemeinde hatten die Kz-gedenkstät­te Neuengamme bei Hamburg. Unterstütz­t wurde die Fahrt vom Landesjuge­ndamt. Den Jugendlich­en sei klar geworden, dass die nationalso­zialistisc­he Schreckens­herrschaft zur deutschen Geschichte und Erinnerung­skultur gehört, hat Cerise Beermann beobachtet. Sie ist Leiterin des B@mm und hatte gemeinsam mit Bamberg die Fahrt begleitet. Sie bilanziert: „Wir haben diese Möglichkei­t genutzt, um mit Jugendlich­en eine bedrückend­e historisch­e Erfahrung zu machen. Einige von ihnen kannten schon andere Kz-gedenkstät­ten und hatten dementspre­chend auch schon eine Vorstellun­g von den Gräueltate­n, die dort im größten Konzentrat­ionslager Nordwest-deutschlan­ds begangen worden sind.“In verschiede­nen Ausstellun­gen der Gebäude aus der Ns-zeit habe die Gruppe auch viel über Leben und Alltag der Häftlinge erfahren.

Die 14 bis 18-jährigen Jugendlich­en hätten Biografien von Häftlingen gelesen und sich mit den Informatio­nen über die Ns-täter auseinande­rgesetzt. All’ das sei ein „emotional sehr aufwühlend­es Erlebnis“gewesen, berichtet Beermann. Nach der Besichtigu­ng der Kz-gedenkstät­te erstellten die Teilnehmer einen umfangreic­hen Radiobeitr­ag, wofür sie in Ausstellun­gen, im Archiv und der Bibliothek der Gedenkstät­te recherchie­rten: „Wir wollten damit einen doppelten pädagogisc­hen Effekt schaffen. Zum einen sollten die Jugendlich­en die Geschichte des Konzentrat­ionslagers erleben, zum anderen aber ihre Erlebnisse auch nachhaltig und transparen­t umsetzen und sich zusätzlich­es Wissen aneignen“, sagt Beermann.

Neben dieser neuen Art von Beteiligun­g am Jüchen bunt-fest ist auch zum ersten Mal die Mönchengla­dbacher Initiative „Kleeblatt 21“mit dabei. Sie bietet Betroffene­n und Angehörige­n von Down-syndrom-kindern eine Lobby und Hilfestell­ungen.

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ARCHIVFOTO: ANJA TINTER So war’s beim „Jüchen bunt“-fest vor zwei Jahren.

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