Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Wetten, ein Mann gewinnt den ESC?
In Tel Aviv findet am Samstag ab 21 Uhr das Finale des Eurovision Song Contest statt. Wir sagen, auf wen Sie achten sollten und wer die größten Chancen auf den Sieg hat. Das deutsche Duo S!sters gilt als chancenlos.
TEL AVIV 26 Teilnehmer kämpfen beim 64. Eurovision Song Contest (ARD, 21 Uhr) um Europas Musikkrone. Die Show wird stimmungsvoll, skurril und vor allem spannend. Eine Vorschau in Superlativen.
Die Politischsten
Hatari haben ihre Outfits nach dem Halbfinale entschärft. Statt in Lack und Leder treten die Isländer zumindest in der Generalprobe in Trainingsanzügen auf. Skurril bleibt ihr Song „Hatrid mun sigra“(„Hass muss siegen“) dennoch. Harte Klänge, verzerrte Stimmen. Außerhalb der Bühne treten die Künstler als antikapitalistische Protestler auf und üben öffentlich Kritik am Gastgeberland Israel.
Die Mutigsten
Den mutigsten Auftritt legen in diesem Jahr Zala Gralj und Gasper Santl hin. Und zwar wegen all dem, was die Slowenen nicht tun. Kein Feuerwerk, keine Zuschaueransprache, kein schneller Beat – nur Musik. Mit ihrem Electropopsong „Sebi“schaffen sie eine ungewohnte Intimität.
Die Esc-tauglichsten
Die Neunziger sind zurück. Norwegens Keiino laden zu Up-tempo-beat und Ethno-gesangseinlage. Das ist überhaupt nicht innovativ und klingt ein wenig nach Rednex.
Der Radiotauglichste
Der Schweizer Luca Hänni weiß, wie es geht. Immerhin hat er 2012„Deutschland sucht den Superstar“gewonnen. In Tel Aviv singt und tanzt er und sorgt dabei für beste Unterhaltung. Sollte es nicht zum Esc-erfolg reichen, kann „She Got Me“dennoch zum Hit des Sommers werden.
Der Gefühlvollste
Kobi Marimi tritt für Israel an und bietet großes Gefühlskino. Er singt in seiner Ballade „Home“davon, nach Hause zu kommen. Am Ende der Generalprobe kann Kobi seine Tränen kaum unterdrücken. Damit singt er sich nicht zum nächsten ESC-SIEG, aber in die Herzen Israels.
Die Kitschigste
Leonora hat etwas von Deutschlands erster ESC-GEwinnerin Nicole. Die Dänin hat zwar keine Gitarre, klettert aber dafür auf eine Leiter. Doch ihr Song „Love is forever“ist so zuckersüß und kitschig wie „Ein bisschen Frieden“ damals. Und natürlich bleibt auch Leonora nicht bei einer Sprache. Am Ende übermittelt sie ihre Liebesbotschaft sogar ein wenig krumm auf Deutsch: „Liebe ist für alle da“.
Der Schrillste
Bilal Hassani betritt die Bühne im bauchfreien Glitzerroutfit. Begleitet wird der Franzose von einer propperen Balletttänzerin. Der 19-Jährige ist bewusst anders. Sein Popsong „Roj“steht für Toleranz und Offenheit. Seine Stimme lässt ihn aber im Stich.
Die Schwindelfreieste
Die spektakulärste Bühnenshow bietet dieses Jahr Australien. Sängerin Katie Miller-heidke befindet sich mit ihren beiden Tänzerinnen meterhoch über der Bühne. Passend zum Songtitel „Zero Gravity“(„Keine Schwerkraft“)„schwebt“sie an einer Stange durchs Weltall. Das Gesamtkunstwerk liegt irgendwo zwischen Oper und Pop und hat sich zum Geheimfavoriten gemausert.
Der Glücklichste
Es war die wohl größte Überraschung im Halbfinale: Bei seiner zweiten Teilnahme für den Zwergstaat San Marino erreicht Serhat mit„say Na Na Na“das Finale. Zwar sind seine Gesangskünste so mäßig, dass er sich meist durch seine Disconummer spricht. Fürs Finale und einen gewissen Kultfaktor reicht es dennoch. Das ist für San Marino schon mal nicht schlecht.
Die Besten
Wer gewinnt? Die Generalprobe lässt vermuten: Es wird ein Mann. Top-favorit Duncan Laurence (Niederlande) muss sich vor allem vor John Lundvik (Schweden) und Mahmood (Italien) in Acht nehmen. Alle drei überzeugen mit starken Auftritten. So wird es wohl zur Stilfrage. Wer es reduziert und gefühlvoll mag, der wählt Laurences Ballade „Arcade“. Wer die perfekte Inszenierung liebt, der neigt wohl eher zu Lundviks „Too Late for Love“. Mahmood liefert mit „Soldi“den modernsten der drei Songs. Der wurde auch auf der Plattform Spotify am häufigsten abgerufen.
Und Deutschland?
Carlotta Truman und Laurita Spinelli singen als S!sters mit Startnummer 4 in „Sister“über Schwesterliebe. Sie wollen für mehr Solidarität unter Frauen werben. Und die werden sie wohl brauchen. Die Buchmacher sehen Deutschland auf dem letzten Platz.