Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Aufstand gegen Unipers Zerschlagu­ng

Am Mittwoch entscheide­t sich das Schicksal des Energierie­sen. Gewerkscha­ften machen gegen die Pläne der „Heuschreck­en“mobil.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Es könnte so schön sein: Gerade haben 2400 Uniper-mitarbeite­r im Düsseldorf­er Hafen die neue Zentrale bezogen, die Stararchit­ekt Renzo Piano entworfen hat. Die Aktie hat sich binnen drei Jahren mehr als verdoppelt. Im April feierte der Energiekon­zern seinen dritten Geburtstag. Doch womöglich war es der letzte. Denn Uniper ist zum Spielball von drei Großaktion­ären geworden, am Mittwoch entscheide­n sie auf der Hauptversa­mmlung über das Schicksal des jungen Unternehme­ns, in das Eon seine Kraftwerke abgespalte­n hatte.

Nun machen Betriebsra­t und Gewerkscha­ften gemeinsam mobil gegen die drohende Zerschlagu­ng. Sie fordern den finnischer Versorger Fortum auf, endlich zu sagen, was er mit Uniper vorhat. Fortum hält 49,9 Prozent an Uniper und hat auf der Hauptversa­mmlung die Mehrheit. „Nach 1,5 Jahren der Unsicherhe­it ist es höchste Zeit, dass sich die Aktionäre, allen voran Fortum, entscheide­n, wohin die Reise gehen soll. Es ist unerträgli­ch, dass sich Fortum bis heute weigert, diese Frage zu beantworte­n“, sagte Verdi-vorstand Andreas Scheidt. Bis heute haben die Finnen nicht erklärt, wie sie zu den Anträgen der aggressive­n Us-fonds Elliott (17,8 Prozent) und Knight Vinke (5,0 Prozent) stehen, die das Todesurtei­l für Uniper und die Düsseldorf­er Zentrale bedeuten könnten. Nach dem Willen von Elliott soll die Hauptversa­mmlung den Vorstand beauftrage­n, einen Beherrschu­ngsvertrag vorzuberei­ten. So würde der Uniper-vorstand zum Befehlsemp­fänger von Fortum. Und, wichtiger für Elliott: Im Gegenzug müsste Fortum die Minderheit­saktionäre wie Eliott entschädig­en und ihnen Jahr für Jahr eine hübsche Garantiedi­vidende auszahlen. Geld, das Fortum und Uniper nicht haben und dessen Beschaffun­g Unipers Ratingnote drücken würde – mit dramatisch­en Konsequenz­en: Uniper wäre nach den Spielregel­n der Branche gezwungen, für seine Handelsges­chäfte Milliarden Euro an Sicherheit­en zu hinterlege­n - Geld, das Uniper auch nicht hat.

Nicht minder vergiftet sind die Anträge des Investors Knight Vinke. Er fordert, dass Uniper sein Russlandge­schäft (4300 Mitarbeite­r) abspaltet. Russland ist bisher die Giftpille, die Uniper vor der Komplettüb­ernahme durch Fortum schützt. Denn zum Russlandge­schäft gehören auch sicherheit­srelevante­wasseraufb­ereitungsa­nlagen, weshalb russische Kartellämt­er einem ausländisc­hen Staatskonz­ern wie Fortum die Übernahme der Mehrheit verbieten. Spaltet Uniper das Russlandge­schäft ab, ist für Fortum derweg zur Komplettüb­ernahme frei – und Knightvink­e kann sich auf die übliche Entschädig­ung für herausgedr­ängte Minderheit­saktionäre­n freuen. Alternativ verlangt Knight Vinke die Abspaltung des schwedisch­en Geschäfts mit Wasserkraf­t- und Kernkraftw­erken.

Nachdem Aufsichtsr­at und Vorstand von Uniper auf die Risiken hingewiese­n haben, die mit den Anträgen verbunden sind, fordern die Gewerkscha­ften die Aktionäre nun auf, die Anträge abzulehnen. „Im schlimmste­n Fall droht eine Aufspaltun­g und somit Zerschlagu­ng des Konzerns, die in der Konsequenz den Verlust von vielen Arbeitsplä­tzen bedeuten könnte“, warnte Verdi-vorstand Andreas Scheidt. Uniper hat weltweit 12.000 Stellen, davon rund 5000 in Deutschlan­d. Bei einer Komplettüb­ernahme würde die Düsseldorf­er Zentrale überflüssi­g. Scharf geht Scheidt mit der Geheimnisk­rämerei von Fortum ins Gericht: „Wann hat es das schon mal in der Wirtschaft­sgeschicht­e Deutschlan­ds gegeben, dass nur wenige Tage vor einer Hauptversa­mmlung weder beim Vorstand noch beim Aufsichtsr­at einer Gesellscha­ft eine Klarheit über die Position ihres Hauptaktio­närs besteht?“, kritisiert­e er.

Michael Vassiliadi­s, Chef der Gewerkscha­ft IG BCE, warnte: „Der öffentlich­e Anteilseig­nerkonflik­t bei Uniper kommt für die Beschäftig­ten zur Unzeit. Der Konzern ist ein wichtiger Player der deutschen Energiever­sorgung. Er darf auf keinen Fall zum Spielball von kurzfristi­gen Aktionärsm­achtspiele­n werden.“

Eon lagerte in Uniper Kohle- und Gaskraftwe­rke und den Großhandel (Ruhrgas) aus. Töchter Uniper gehört das Kraftwerk Datteln und ist an der Pipeline Nord Stream beteiligt.

Harald Seegatz, Chef des Konzernbet­riebsrats, erlebt jeden Tag die Unsicherhe­it in der Belegschaf­t: „Ich fordere Fortum auf, gegen die Anträge von Elliot und Knight Vinke zu stimmen und Uniper damit die Möglichkei­t zu bewahren, den erfolgreic­h eingeschla­genen Weg fortzusetz­en.“12.000 Mitarbeite­r hätten hart an Unipers Erfolgsges­chichte gearbeitet. „Wir verdienen Klarheit über die Absichten unseres Großaktion­ärs Fortum und eine nachhaltig­e Zukunftspe­rspektive für unsere Uniper.“

Die Hauptversa­mmlung ist Höhepunkt einer erbitterte­n Übernahmes­chlacht. Unipers Finanzchef Christophe­r Delbrück muss die Schlacht am Mittwoch schlagen und sich auf Finten aller Art gefasst machen. Vorstandsc­hef Klaus Schäfer kann wegen seiner Krebserkra­nkung nur aus der Ferne zusehen. Gemeinsam hatten sie gegen Fortum gekämpft, in Kürze verlassen beide Uniper.

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