Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Rheinisches Fern-duell um 20 Millionen Euro
Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen wollen in die Champions League, sind aber vom Ergebnis des anderen abhängig.
MÖNCHENGLADBACH/LEVERKUSEN Keiner von ihnen hat es in der eigenen Hand, beide sind auf das Ergebnis des anderen angewiesen, aber beide wollen unbedingt in die Champions League. Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen kämpfen am Samstag darum, nach dem letzten Spieltag auf Platz vier zu stehen. Es ist der letzte verbliebene Rang, der in der Bundesliga dazu berechtigt, in der kommenden Saison in der Königsklasse zu spielen. Auch Eintracht Frankfurt (in München; ein Zähler Rückstand) könnte bei einem Punktverlust der beiden Teams noch vorbeiziehen. Bayern München, Borussia Dortmund und RB Leipzig haben sich bereits qualifiziert, der letzte deutsche Teilnehmer wird noch gesucht — und dabei könnte sich ein dramatisches Finale ereignen. Eines, in dem es um viel Geld geht.
Gladbach ist aktuell zwar Vierter in der Tabelle und damit in der Pole Position, liegt aber nur zwei Tore vor den fünftplatzierten Leverkusenern. Das bedeutet: Keiner von beiden kann sich im Falle eines Sieges sicher sein, der Kontrahent könnte schließlich mit einem noch höheren Erfolg vorbeiziehen beziehungsweise vorn bleiben.während die Borussen in Dortmund einen Gegner haben, für den es um den Titel geht, tritt Bayer 04 bei Hertha BSC gegen eine Mannschaft an, deren Saisonausgang lange geklärt ist. Ob das ein Vorteil ist, wird sich zeigen. Fakt ist: Der rheinische Rivale, der sich durchsetzt, hat einen großenvorteil für die Zukunft. 20 Millionen Euro mehr wären aufgrund der Champions-league-teilnahme sicher (30 Millionen Euro garantierte Einnahmen; zehn Millionen Euro haben sie aufgrund der Europa League aber bereits sicher).
Und nicht nur das. Leverkusen braucht die Champions League, um Spieler wie die beiden deutschen Jung-stars Kai Havertz, 19, und Julian Brandt, 23, halten zu können. Bei Havertz, der einen Vertrag bis 2022 besitzt, haben die Bayer-verantwortlichen um Rudi Völler und Simon Rolfes zwar schon betont, dass er auch in der kommenden Saison in Leverkusen spielen wird. Ob das aber auch so bleibt, wenn der Nationalspieler unzufrieden wäre, ist offen. Brandt dagegen fällt selbst die Entscheidung über seine Zukunft. In seinem bis 2021 datierten Vertrag ist eine Ausstiegsklausel über 25 Millionen Euro verankert.
Bei Borussia ist dieses Thema nicht derart problematisch. In Thorgan Hazard wechselt der einzige Spieler, der die Königsklasse für sich
ANALYSE
beansprucht, ohnehin, er geht aller Voraussicht nach für eine Ablösesumme im Bereich von 30 Millionen Euro zu Borussia Dortmund. Andere gestandene Spieler wieyann Sommer und Matthias Ginter oder starke Youngster wie Nico Elvedi und Denis Zakaria würden sich auch ohne die Champions League weiter in Mönchengladbach wohlfühlen.
Was jedoch bei den Borussen ansteht, ist eine Neuausrichtung mit Marco Rose, der Dieter Hecking im Sommer als Trainer ablösen wird. Er wird eine neue Spielweise etablieren, die wahrscheinlich auch Umbauten im Kader erfordert. Die Champions League wäre dabei nicht nur finanziell eine enorme Unterstützung, sondern auch als sportliches Argument wertvoll. Das würde natürlich auch für Leverkusen gelten.
„Das ist ein Fußballspiel, in dem wir etwas ganz Großes schaffen können. Wir wollen den Meistertitel holen, denn das ist die Champions League für uns. Durch die Europa League haben wir schon mehr Geld als geplant sicher, und die Champions League würde noch mehr bedeuten“, sagt Gladbachs Sportdirektor Max Eberl, der grundsätzlich ohne europäische Zusatz-einnahmen plant.
Die Borussen sind also ambitioniert, aber wohl auch ein bisschen entspannter. Ihre Saison ist mit dem sicheren Einzug in die Europa League bereits ein Erfolg. „Es ist ganz wichtig, dass wir schon was in der Hand haben. Die Konstellation ist gut für uns, weil wir diejenigen sind, die am befreitesten aufspielen können. Aus mentaler Sicht ist das eine gute Situation. Aber jetzt wollen wir auch den großen Wurf landen“, sagte Borussias Mittelfeldspieler Christoph Kramer, der von 2013 bis 2015 auch unter dem BayerKreuz kickte, im Gespräch mit unserer Redaktion. Doch aufgrund dieser „befreiten“Situation verzichten die Gladbacher darauf, bei den Zwischenergebnissen am Samstag zu tricksen. Im heimischen Borussia-park werden alle 15 Minuten alle Resultate der übrigen Paarungen angezeigt. Und die Leverkusener müssen sich in Berlin den Richtlinien des Heimvereins beugen.
Dort werden die Bayer-profis von über 3000 Fans unterstützt, die unter dem Motto „Alle in Rot“in gleichfarbiger Kleidung im Stadion sein werden. Borussia brachte die Fan-aktion „Alle in Weiß“am vergangenen Wochenende den 4:0-Erfolg in Nürnberg und den Einzug in den Europapokal. Bei einem solchen Ergebnis der Leverkusener müsste Gladbach gegen Dortmund übrigens mit drei Toren Unterschied gewinnen.
Im Kampf mit den Münchnern um die deutsche Meisterschaft redet sich der BVB stark. Er beansprucht die Position des Teams, das alles zu gewinnen hat. Die Bayern antworten mit selbstbewussten Tönen.