Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Dahlmeier hört mit 25 auf

Der deutsche Biathlon verliert in der Olympiasie­gerin schon wieder ein Talent in jungen Jahren.

- VON THOMAS WOLFER UND SANDRA DEGENHARDT

GARMISCH-PARTENKIRC­HEN (dpa) Die hundertpro­zentige Leidenscha­ft fehlt, neue Ziele auch: Nachdem Laura Dahlmeier bereits früh alles erreicht hat, beendet die Doppel-olympiasie­gerin im Alter von nur 25 Jahren wie einst ihr Vorbild Magdalena Neuner ihre so erfolgreic­he Biathlon-karriere. Nicht zuletzt die vergangene Saison hinterließ bei ihr sowohl mental als auch physisch tiefe Spuren.

„Heute bin ich an dem Punkt, an dem ich nicht weiß, was genau ich mir für ein Ziel vornehmen sollte, geschweige denn, ob es mir überhaupt wieder gelingen könnte“, schrieb die siebenmali­ge Weltmeiste­rin am Freitag auf ihrer Facebook-seite. Nach einem längeren Prozess des Überlegens habe sie gemerkt, dass jetzt „der richtige Zeitpunkt für mich gekommen ist.“Hauptgründ­e für ihr frühes Karriereen­de: Sie hat keine sportliche­n Ziele mehr, „die einem alles bedeuten und für die man alles in die Waagschale werfen würde.“Zudem ist die Garmisch-partenkirc­hnerin nach einer„unfassbar harten Saison voller Höhen und Tiefen“nicht mehr überzeugt, dass ihr Körper den Strapazen des Hochleistu­ngssports noch gewachsen ist.

Damit verliert der Deutsche Skiverband seine Vorzeige-skijägerin und die mit Abstand erfolgreic­hste Athletin der vergangene­n Winter bereits in jungen Jahren. 2012 war Rekordwelt­meisterin Magdalena Neuner ebenfalls mit nur 25 Jahren zurückgetr­eten. „Ich kann es gut verstehen, dass Laura sagt, sie macht jetzt in ihrem Leben etwas anderes“, sagte Neuner dem „Münchner Merkur“. DOSB-PRÄsident Alfons Hörmann würdigte Deutschlan­ds „Sportlerin des Jahres“2017: „Trotz jungen Alters hat sie in nur wenigen Jahren außergewöh­nliche Kapitel Sportgesch­ichte geschriebe­n. Darüber hinaus hat sie sich mit ihrem vorbildlic­hen und sympathisc­hen Auftreten für immer einen Platz in den Herzen der Sportfans erobert.“

Dahlmeiers Schritt zu einem frühzeitig­en Ende ihrer Laufbahn hatte sich angedeutet. Bereits nach den Olympische­nwinterspi­elen 2018 in Pyeongchan­g hatte die Bayerin offen Gedanken an einen Rücktritt geäußert, entschied sich da aber noch dagegen.

Motivation­sprobleme hatte Dahlmeier nie, allerdings spielte ihr Körper aufgrund der hohen Belastunge­n nicht immer so mit, wie sie das wollte. Im Herbst vergangene­n Jahres hatte sie noch völlig entkräftet im Krankenhau­s gelegen und war überzeugt, nie wieder Spitzenspo­rt betreiben zu können. Es folgten Krankheite­n und Ausfälle, sie verpasste Rennen und musste sich mühsam wieder herankämpf­en. Dass sie bei der WM im März im schwedisch­en Östersund trotz aller Rückschläg­e trotzdem zwei Bronzemeda­illen gewann, überrascht­e sie selbst. „Auch heute noch habe ich nicht wieder die gleiche Power wie in den Jahren zuvor“, beschrieb Dahlmeier nun ihre Gemütslage.

2018 feierte sie in Südkorea zwei Olympiasie­ge und einmal Bronze, 2017 fünfmal Gold und einmal Silber bei der WM in Hochfilzen. Neben dem Gewinn des Gesamtwelt­cups in der Saison 2016/2017 sind es die größten Erfolgen der Ausnahmekö­nnerin. Als erste Biathletin holte sie bei Weltmeiste­rschaften saisonüber­greifend 13 Medaillen nacheinand­er und fünfmal Gold bei einer WM.

Ihren Abschied will Dahlmeier im Dezember bei der Team-challenge Auf Schalke geben, um dort ein letztes Mal die Waffe zu schultern und ihre letzten Biathlonru­nden zu absolviere­n. Der Deutsche Skiverband hofft derweil auf eine weitere Zusammenar­beit mit Dahlmeier. „Es wäre schön, wenn Laura uns im Biathlonsy­stem in irgendeine­r Funktion erhalten bleibt“, sagte Bernd Eisenbichl­er, der Sportliche Leiter der Dsv-skijäger. Der Verband hatte darauf gehofft, dass sie ihre Karriere noch für ein, zwei Jahre fortsetzt. „Dass Laura schlussend­lich diese Entscheidu­ng getroffen hat, ist schade, aber selbstvers­tändlich respektier­en wir ihre Beweggründ­e“, sagte Eisenbichl­er.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES/ROLF KOSECKI ?? Laura Dahlmeier läuft beim Weltcup in Antholz im Januar 2018 durch den verschneit­en Wald.
FOTO: IMAGO IMAGES/ROLF KOSECKI Laura Dahlmeier läuft beim Weltcup in Antholz im Januar 2018 durch den verschneit­en Wald.

Newspapers in German

Newspapers from Germany