Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Wir brauchen mehr Platz“
Die beiden Technischen Direktoren von Oper und Schauspielhaus sprechen über die Zukunft der Rheinoper.
Im Foyer der Oper ist zurzeit eine Ausstellung über Bühnenbauten zu sehen – ein Beitrag zur Debatte um die Zukunft des eigenen Hauses Dort treffen wir Peter Krottenthaler von der Rheinoper und Hans-joachim Rau vom Schauspielhaus. Sind Sie eigentlich regelmäßig im Austausch? KROTTENTHALER Ja, auch mit anderen Kollegen in der Region. Wir haben häufig ähnliche Problemstellungen. Nutzt das auch in der Stadtpolitik, wenn die Technischen Direktoren an einem Strang ziehen? RAU Nicht direkt, aber es nutzt natürlich, wenn man sich abstimmt in Fragen der Standards und in welche Richtung man diskutiert. Denn wir machen den Job ja, weil wir Kunst realisieren wollen. Aber bauliche Mängel fallen doch letztlich zurück auf die Kunst? RAU Ganzheitlich betrachtet, geht es heute darum, die Kunst überhaupt noch ermöglichen zu können. Wir haben eine hoch anspruchsvolle Technik und müssen im Repertoiretheater vier Mal pro Tag die Bühne umbauen. Somit enorme Massen bewegen, transportieren und lagern in engen Zeitfenstern. Und das mit schrumpfendem Personal? RAU Genau das ist es, der Kanal wird im Grunde immer enger. KROTTENTHALER Unser Betrieb läuft jeden Tag von 7 bis 23 Uhr, jede Stunde auf der Bühne ist minutiös durchgeplant und kostbar! Die Ausstellung dokumentiert die unterschiedlichsten Theaterbauten, sind für Sie Neuigkeiten dabei? RAU Vor diesen Bildern stellt sich mir eine übergeordnete Frage:wie sieht eigentlich so ein Gebäude im Stadtraum aus? Welche Funktion hat ein Gebäude, das so eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe hat, nämlich die kulturelle Bildung? Diese Frage ist meines Erachtens mindestens genauso zentral wie die der technischen Details. Also, wie kann man die Häuser öffnen, um der Stadtgesellschaft ein Angebot zu machen? KROTTENTHALER Und welchen Auftrag hat die Deutsche Oper am Rhein eigentlich? Sie meinen die Theaterehe mit Duisburg? KROTTENTHALER Wenn wir über einen Neubau nachdenken, dann müssen wir Duisburg mit seinen Bühnenmaßen mit einplanen, das ist die Basis der Diskussion. Weil Duisburg eben nicht nur ein Anhängsel ist, sondern nicht weniger als ein Drittel des Ganzen bestreitet? KROTTENTHALER Genau, die Produktionen kommen in beiden Städten heraus, aber die Übernahmen sind viel kürzer in der Vorbereitung. Das heißt, wenn wir Duisburg nicht hätten, müssten wir den Spielplan sehr ausdünnen. Die Vielfalt ginge verloren. Die reizvolle Blickachse zwischen dem neo-klassizistischen Opernhaus und dem futuristischen PfauBau, die alte Theater-connection ist jetzt durch den Kö-bogen 2 endgültig verstellt. Eine Setzung, die doch eher für eine Abgrenzung sorgt, statt für Integration oder Öffnung? RAU Das haben Sie jetzt gesagt! Wie kann man die Theater besser öffnen zur Stadt hin? KROTTENTHALER Da gibt es ja Beispiele aus anderen Theatern wie etwa Basel, wo es Fenster in die Tischlerei gibt, damit jeder sehen kann, wie da gearbeitet wird. Nochmal zurück zur Platzfrage: Wäre am jetzigen Standort ein Neubau eigentlich sinnvoll? RAU Wenn wir Logistik und Platzbedarf einmal vergleichen in Quadratmeterzahlen: Die Bayerische Staatsoper steht auf 10.000, die Deutsche Oper Berlin auf 21.000, Amsterdam auf 36.000. Und Düsseldorf? Das sind 6000 Quadratmeter, zudem sind die Bürgersteige und die Umfahrungen noch mitgerechnet! Zu klein? KROTTENTHALER Wir brauchen wesentlich mehr Platz. Es gibt aber natürlich Möglichkeiten, in die Höhe und in die Tiefe zu bauen. Ob am jetzigen Standort genügend Platz ist, wird gerade ausgerechnet. Herrscht jetzt eigentlich Unruhe im Haus? KROTTENTHALER Natürlich, alle sind aufgeregt, fiebern mit der Diskussion und erhoffen sich viel. Wir stehen vor einer Richtungsentscheidung, da ist eine tragfähige Lösung gefragt für Oper und Ballett in Düsseldorf für die nächsten 50 Jahre. Und es muss mit der Theaterehe harmonieren? RAU Bei der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft sind wir dabei, einen Leitfaden zu generieren, wohin die Reise gehen sollte bei Theater-neu- und Umbauten. Neben den technischen Fragen finde ich die gesellschaftliche Frage wichtiger im Diskurs als alles andere. Man muss im großen Ganzen denken und auch visionär reden dürfen.wir haben zu lange keinen reingelassen in die Theater, das haben wir versäumt. Der Zuspruch zu dieser Ausstellung ist doch ein Zeichen. Wir waren zu lange auf der Erbse unterwegs.