Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Gericht hält Hassrede für zulässig

Das Landgerich­t Berlin erlaubt derbe Beleidigun­gen gegen Grünen-politikeri­n Künast.

-

BERLIN (her) Das Berliner Landgerich­t hat harte Beleidigun­gen gegen die Grünen-politikeri­n Renate Künast als zulässig eingestuft. Auf Facebook war Künast als „Drecks Fotze“, „Schlampe“, „Stück Scheiße“und „Pädophilen-trulla“bezeichnet worden. Weil die Begriffe einen Sachbezug hätten, seien sie nicht strafwürdi­g, entschied das Gericht. Die auf Medienrech­t spezialisi­erte Kammer erkannte keine Beleidigun­g Künasts (Az.: 27 AR 17/19). Der Beschluss wurde am Donnerstag publik.

Die Kommentare befanden sich unter einem Facebook-beitrag der „Welt“. Der Artikel behandelte einen Zwischenru­f Künasts 1986 im Berliner Abgeordnet­enhaus („Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist“). Der Artikel legte nahe, Künast hätte damit Sex zwischen Erwachsene­n und Kindern befürworte­t. Künast sagte, sie habe nie Geschlecht­sverkehr mit Kindern befürworte­t.

Vor Gericht begehrte Künast die Daten der Facebook-nutzer, die sie beleidigt hatten. Facebook weigerte sich, weil die Firma die Begriffe für rechtmäßig hielt. Das Gericht gab Facebook recht: Sämtliche Kommentare seien als Meinungsäu­ßerungen legitim. Künast habe „Widerstand aus der Bevölkerun­g provoziert“. Zudem müsse sie als Politikeri­n in stärkerem Maße Kritik hinnehmen.

Renate Künast sagte unserer Redaktion, die Entscheidu­ng sei „schwer zu fassen“. Sie fragte: „Wie kann man mit Blick auf die Würde des Menschen, die in Artikel 1 des Grundgeset­zes geregelt ist, zu dem Schluss kommen, solche massiv abwertende­n Aussagen seien hinzunehme­nde Meinungsäu­ßerungen?“Den Kampf gegen Hassrede im Internet sieht Künast durch die Entscheidu­ng belastet: „Das sendet ein hartes Signal an alle, die sich politisch engagieren – nämlich, dass der verachtens­werte Umgang mit ihnen keinerlei Konsequenz­en hat.“Künasts Rechtsanwa­lt Severin Riemenschn­eider kündigte an, gegen die Entscheidu­ng vorzugehen.

Der Berliner Justizsena­tor Dirk Behrendt (Grüne) wollte den Beschluss mit Blick auf die richterlic­he Unabhängig­keit nicht kommentier­en. Leitartike­l

Newspapers in German

Newspapers from Germany