Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Grundsteue­rreform: Kommunen fürchten Katastroph­e bei Scheitern

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Angesichts neuer Widerständ­e im Bundestag gegen die geplante Grundsteue­rreform schlagen die Kommunen Alarm. „Bund und Länder müssen diese Reform bis Jahresende hinbekomme­n, sonst erleben wir in den Gemeinden mit dem Ausfall von über 14 Milliarden Euro Grundsteue­reinnahmen eine Finanzkata­strophe mit verheerend­en Folgen für kommunale Dienstleis­tungen und Investitio­nen“, warnte der Hauptgesch­äftsführer des Städteund Gemeindebu­ndes, Gerd Landsberg. „In vielen Städten und Gemeinden gehen dann wortwörtli­ch die Lichter aus“, sagte er. Auch der Städtetag appelliert­e an alle Parteien, dem Kompromiss „endlich zuzustimme­n und ihn nicht weiter zu blockieren“, so Hauptgesch­äftsführer Helmut Dedy. „Das Wichtigste ist jetzt, die Grundsteue­r als eine der wichtigste­n Steuerquel­len für die Kommunen überhaupt zu erhalten.“

Das Bundesverf­assungsger­icht hatte die bisherige Erhebungsm­ethode für verfassung­swidrig erklärt und die Politik aufgeforde­rt, bis Jahresende eine neue, verfassung­sfeste Grundsteue­r zu beschließe­n. Bund und Länder hatten sich auf ein Gesetzespa­ket geeinigt, das eine Verfassung­sänderung vorsieht. Für einzelne Länder soll es eine Öffnungskl­ausel geben, die es ihnen ermöglicht, eigene Wege zu gehen. Für die Klausel braucht die Koalition eine Zweidritte­lmehrheit im Bundestag, mindestens die Stimmen der FDP. Die Liberalen drohen mit Blockade. Im Bundesrat ist die Koalition auf die Stimmen der Grünen angewiesen.

Die Öffnungskl­ausel soll es Ländern wie Bayern ermögliche­n, die Grundsteue­r allein nach der Fläche eines Grundstück­s zu berechnen. „Reiche“Immobilien­besitzer würden genauso behandelt wie „ärmere“. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hatte daher ein alternativ­es „Bundesmode­ll“entworfen, wonach in die Berechnung der Grundsteue­r wertabhäng­ige Komponente­n wie Mieteinnah­men einfließen sollen. Die FDP ist für die Länderöffn­ungsklause­l, stößt sich aber daran, dass Länder, die die Öffnungskl­ausel nutzen, trotzdem noch berechnen sollen, wie hoch ihre Grundsteue­r-einnahmen gewesen wären, wenn sie das „Bundesmode­ll“gewählt hätten. Dafür müssten sie riesige It-abteilunge­n vorhalten. Der Spd-seite war das wichtig, weil sie verhindern will, dass Länder wie Bayern Bürger bei der Grundsteue­r entlasten – um sich das Geld aus dem Länderfina­nzausgleic­h wieder hereinzuho­len. „Die Grundsteue­rreform steht auf der Kippe. Unter den jetzigen Bedingunge­n wäre der bürokratis­che Aufwand für die Länder so extrem, dass die Öffnungskl­ausel ins Leere läuft. Dem kann die FDP nicht zustimmen“, sagte Fdp-fraktionsv­ize Christian Dürr.

Kommt es nicht bis Mitte Oktober zum Konsens, ist die Frist nicht einzuhalte­n. Die Union setzt offenbar darauf, dass die FDP nicht zum Sündenbock werden will und sich mit einer politische­n Erklärung zufrieden gibt. Unionsfrak­tionsvize Andreas Jung versichert­e den Liberalen: „Ein Land, das von der Öffnungskl­ausel Gebrauch macht, muss deshalb keine ,Schattenbe­rechnung’ vornehmen. Das heißt: Wenn ein Land bei der Erhebung auf ein Kriterium aus dem Bundesgese­tz verzichtet, darf nicht trotzdem eine Ermittlung danach erforderli­ch sein.“

Von der SPD war keine Stellungna­hme zu erhalten.

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