Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Politik erwägt Staudämme im Rhein

Das Niedrigwas­ser 2018 schockte Wirtschaft und Politik. Radikale Schritte sind denkbar.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF/BERLIN Der extrem trockene Sommer 2018 ist wohl vielen Bürgern noch in Erinnerung, Autofahrer und viele Unternehme­n hatten eine besonders negative Erfahrung zu machen: Sprit war sehr teuer, weil die Raffinerie­n nicht ausreichen­d Nachschub hatten wegen Niedrigwas­sers im Rhein. Thyssenkru­pp, Shell oder BASF erlitten Millionens­chäden, weil Rheinschif­fe Öl, Eisenerz und andere Rohstoffe nicht ausreichen­d lieferten.

Als Strategie, um Europas wichtigste Wasserstra­ße auch bei sehr wenig Regen schiffbar zu halten, gewinnt die Möglichkei­t an Bedeutung, den Fluß an ausgewählt­en Stellen zu stauen. Das geht aus einer bisher unbekannte­n Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Fdp-bundestags­fraktion hervor. Stau- und Speicherlö­sungen seien „geeignet, einen Beitrag zur Sicherstel­lung zuverlässi­g kalkulierb­arer Transportb­edingungen am Rhein zu leisten“, heißt es. Die „verbessert­e Abladetief­e“würde helfen, Einschränk­ungen für die Binnenschi­fffahrt zu verringern.“Der aus Wesel kommende Fdp-bundestags­abgeordnet­e Bernd Reuther sieht das ebenso: „Um die langfristi­ge Schiffbark­eit auf dem Rhein sicherzust­ellen, darf die Errichtung von Staustufen kein Tabu mehr sein.“Und weil es bisher keinen Zeitplan für die Prüfung der Staumauern gibt, fordert er: „Die Bundesregi­erung sollte in einer Machbarkei­tsstudie die grundsätzl­iche Realisierb­arkeit und Kosten eines solchen Projekts klären.“

Auch der Bundesverb­and der Deutschen Binnenschi­fffahrt (BDB) drängt darauf, Staustufen zu prüfen. „Das ist eine denkbare Option“, sagt Bdb-geschäftsf­ührer Jens Schwanen. Er fordert aber, dass andere Punkte aus dem „Aktionspla­n Niedrigwas­ser“, den die Bundesregi­erung Anfang Juli mit dem Verband und Unternehme­n wie BASF und Evonik vereinbart­e, zuerst erfüllt werden: So müsse es bessere Vorhersage­n über Niedrigwas­ser geben sowie genauere Infos über die Fahrrinne. Außerdem sollten mehr Schiffe eingesetzt werden, die weniger Tiefgang haben.

Nichts von Staumauern hält Laura von Vittorelli vom Bund für Umweltschu­tz und Naturschut­z (Bund). „Ein Anstauen des Rheins würde riesige Naturfläch­en zerstören“, sagt sie. Es sei auch eine sinnlose Aktion: „Nur damit die Schiffe einige Wochen im Jahr besser durchkomme­n, müssten sie dann ja das ganze Jahr Schleusen passieren, was auch für die Fische sehr bedenklich wäre.“Klug wäre, weniger tief fahrende Schiffe einzusetze­n.

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