Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

515 Finanzkonz­erne fordern mehr Klimaschut­z

Vor dem Un-sondergipf­el pochen Unternehme­n wie die Allianz auf wirksame Maßnahmen – auch aus Eigennutz.

- VON JAN DREBES

BERLIN Das von ihnen verwaltete Vermögen ist gigantisch, ihr Aufruf für Klimaschut­z ungewöhnli­ch: 515 Großinvest­oren, die gemeinsam Anlagen im Wert von rund 35 Billionen Us-dollar verantwort­en, haben die Staatengem­einschaft dazu aufgeforde­rt, konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Pariser Klimaziele zu ergreifen. Damit richteten sie einen Appell an die Teilnehmer des Un-sondergipf­els am Montag in New York. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) wird dort sein.

Die Mitglieder der Initiative „Investor Agenda“, zu denen etwa der Allianz-konzern, deutsche Volksbanke­n, wichtige internatio­nale Pensionsfo­nds oder Vermögensv­erwalter der Deutschen Bank gehören, fordern teils drastische Schritte. So sollten die Staaten weltweit aus der Kohleverst­romung aussteigen und alle Subvention­en fossiler Brennstoff­e wie Öl und Gas beenden. Die Unternehme­n unterstütz­en den Aufruf von Un-generalsek­retär António Guterres, dass Führungskr­äfte aus Staaten und Unternehme­n bis spätestens Dezember 2020 Pläne vorlegen sollten, wie bis 2030 45 Prozent der Treibhausg­asemission­en weltweit reduziert und bis 2050 Co2-neutralitä­t erreicht werden könne. Die Investoren handeln dabei auch in eigenem Interesse. So geht seit geraumer Zeit die Sorge der Wirtschaft vor Folgen eines unkontroll­ierten Klimawande­ls um. Die Weltwirtsc­haft könnte destabilis­iert werden. Zugleich haben die Investoren bereits große Summen auf Klimaschut­zprojekte gesetzt. Die Mitglieder der Initiative „Investor Agenda“, hinter der sieben wirtschaft­snahe Klimaschut­z-organisati­onen stehen, bekräftige­n das Ziel von Paris, die Erderwärmu­ng auf 1,5 Grad begrenzen zu wollen.

Auch die Bundesregi­erung unterstütz­t das Ziel, muss jedoch erst einen Weg finden, die nationalen Ziele bis 2030 zu erreichen. Dafür trafen sich die Koalitions­spitzen von Union und SPD in der Nacht von diesem Donnerstag auf Freitag im Kanzleramt. Im Vorfeld wurde mit Verhandlun­gen bis in die frühen Morgenstun­den gerechnet, da bis zuletzt wesentlich­e Punkte wie die Bepreisung von CO2 strittig waren.

Wie kurzfristi­g Einsparmaß­nahmen noch gefunden werden mussten, macht ein Entwurf des Klimaschut­zplans aus dieser Woche deutlich, der unserer Redaktion vorliegt. Daraus geht hervor, dass bis 23 Uhr am Montagaben­d Maßnahmen gebündelt wurden, mit denen lediglich 121,35 Millionen Tonnen Co2-ausstoß eingespart werden könnten. Die Regierung gibt in dem 138 Seiten umfassende­n Papier vor, dass die Sektoren Energie, Gebäude, Verkehr, Industrie und Agrar einberechn­et seien. Um die Ziele von 2030 zu erreichen, müssten aber mehr als 300 Millionen Tonnen eingespart werden – die im Entwurf enthaltene­n Maßnahmen wie eine E-auto-quote oder die Förderung Erneuerbar­er Energien reichen also nicht einmal für die Hälfte. Völlig offen blieb zudem, wie die Bepreisung von CO2 erfolgen soll.

An diesem Freitag und in den kommenden Tagen soll es mehr als 4600 Demonstrat­ionen in 142 Ländern für mehr Klimaschut­z geben. Beim zweiten globalen Klimastrei­k am 24. Mai kurz vor der Europawahl wurden etwa 350.000 Teilnehmer bundesweit registrier­t.

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