Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bayer-system stößt an seine Grenzen

Leverkusen spielt beim 1:2 gegen Lokomotive Moskau so fehlerhaft wie lange nicht.

- VON DORIAN AUDERSCH

LEVERKUSEN Peter Bosz ist bekannt dafür, auch bittere Niederlage­n sachlich zu analysiere­n. Ballverlus­te nerven den Niederländ­er allerdings nachhaltig. Das hat er zuletzt immer wieder betont. In seinem offensiven und auf schnellem Kombinatio­nsspiel basierende­n Konzept geht es darum, möglichst oft, lange und sicher den Ball in den eigenen Reihen zu halten. Dabei sind Fehlpässe und andere Schlampigk­eiten im Spielaufba­u ein Tabu. Sie öffnen dem Gegner Tür und Tor. Ein Zusammensc­hnitt der unnötigen Abspielfeh­ler während der 1:2 (1:2)-Niederlage gegen Lokomotive Moskau dürfte daher einen veritablen Horrorfilm für den Trainer der Werkself ergeben.

Der bemühte sich nach der Pleite um Gelassenhe­it und griff tief in die Phrasenkis­te. „Fehler passieren im Fußball“, sagte er äußerlich gefasst. Doch seine Mimik verriet, dass es in ihm arbeitete, vielleicht sogar brodelte. Seine Spieler lieferten dem 55-Jährigen reichlich Gründe für emotionale Reaktionen. Leon Bailey legte mit einem katastroph­alen Fehlpass das 0:1 der Gäste auf, Torwart Lukas Hradecky tat es seinem Teamkolleg­en beim 1:2 gleich. Dazwischen lag das Eigentor von Benedikt Höwedes.

Bayer ist mittlerwei­le seit drei Spielen ohne eigenen Treffer. Sowohl beim 0:0 gegen Hoffenheim als auch beim 0:4 in Dortmund und nun dem 1:2 gegen Moskau hatte Leverkusen mehr Ballbesitz, wusste damit aber nicht viel anzufangen. Die Statistik des ersten Champions-league-abends in Leverkusen seit zweieinhal­b Jahren bildet den grotesken Höhepunkt dieses Zahlenwerk­s: Moskau reichten 22 Prozent Ballbesitz für zwei Treffer und drei Punkte.

Es gibt noch eine weitere Parallele zwischen den zuletzt missratene­n Auftritten der Werkself. Die Gegner zogen sich zurück, standen kompakt und ließen Bayer in der ungefährli­chen Zone zwischen den Strafräume­n munter hin und her passen. Ballbesitz wurde so zu einer Währung ohne Wert. Die dabei zwangsläuf­ig aufkommend­en Fehler nutzten sie für Konter. Bayer hingegen fehlten die Mittel, das Defensivne­tz der Gegner zu überwinden.

Den Vorwurf, keinen Plan B gegen gut organisier­te und tief stehende Gegner zu haben, wollte Bosz dennoch nicht gelten lassen. „Fast alle Gegner stehen gegen uns hinten drin und wir haben gegen sie trotzdem viele Tore gemacht. Das hat nichts mit Plan A, B oder C zu tun“, sagte der Trainer und gab sich mit Blick auf die nun deutlich verkompliz­ierte Aufgabe in der Gruppe mit Juventus Turin und Atlético Madrid beinahe trotzig: „Das war nicht das Bayer Leverkusen, das wir normalerwe­ise sind. Jetzt müssen wir die Punkte holen, wo es keiner von uns erwartet.“Allerdings könnte die Partie als Blaupause für spielerisc­h unterlegen­e Gegner – wie dem kommenden in der Bundesliga, Union Berlin – dienen, um Leverkusen zu schlagen.

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FOTO: AP Bayer-trainer Peter Bosz nach der Niederlage gegen Moskau.

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